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The Shuffle Show (II)

Irgendwie hat diese Serie den falschen Namen, denn der Zufall liegt ganz allein darin, welche CD ich als nächste ergreife und was ich genau darüber schreibe. Auf jeden Fall hat der Stapel ungehörter CDs auf meinem Schreibtisch mal wieder bedenklich gewackelt, als ich versucht habe, die neuste Folge A&S zu tippen. Ich habe meine Kiste rebootet, weil das CD-Laufwerk irgendwie nicht erkannt wurde. Jetzt habe ich die erste CD ins Laufwerk gelegt. Es funktioniert wieder.
Also: Musikhören und livebloggen, die zweite. Falls jemand eine CD will, die ich nicht gut finde, ich bin gerne bereit, sie zu verschenken.

Javies
She kissed me goodbye
Eine luxemburgische Band, die ich irgendwann mal wegen irgendeines Talentwettbewerbs interviewt habe. Viel ist nicht hängen geblieben, das Interview mit John McAsskill, das noch länger zurück liegt, ist mir in viel besserer Erinnerung.
Ein Zettel lag der gebrannten CD mit der Single She kissed me goodbye bei. Ich werde auf dem mit „Lieber Musikredakteur“ angeredet und mir wird erklärt, das Lied sei poppiger und melodiöser, enthielte dennoch den Javies-typischen „tighten“ Sound. Ausserdem sei das Lied „den Leuten zufolge“ ein richtiger Ohrwurm.
Ich finde: weichgespülter Gitarrenpop für Teenies, von einer Band, die hofft, auf Sendern gespielt zu werden, die „Hits“ spielen. Drei Minuten und 19 Sekunden verschwendeter Lebenszeit.

Die nächste CD ist von den Allella Boyz. Mir schwarnt Schreckliches!
Jeder Titel auf dieser CD hat das Wort Allella in seinem Titel. Allella Time fängt Tryo-esque an, nervt dann mit französischem Gebrabbel und schrecklichem Wiederholen des Wortes Allella.
Speed Allella klingt böser und jemand rappt auf französisch. Im Hintergrund eine Melodie, die aus einem Handy von Möchtegern-Gangtas kommen könnte. SKIP
Split Allella dann klingt sehr viel entspanner. Hier wird gesungen, aber leider auch im Background. Auch hier flüstert wieder jemand Allella Allella Allella. SKIP
Stay Allella beginnt mit Weckerklingeln und dann wieder Rap. Leider haben die selbstbetitelten „The Wooorld famous“ keine Texte in ihr Booklet geschrieben, so dass ich nur Luxembourg, reveille toi verstehe, ehe es auf italienisch/portugiesisch? weitergeht. Definitiv nicht mein Ding. EJECT
Urteil: Tryo für Arme.

Weiter geht es mit Eric Rosenfeld und seinem Album „529“.
Hui, nur Gitarre und Gesang. A thousand miles to your heart hat zwar einen schmalzigen Text, ist aber bei weitem das beste, was ich bis jetzt gehört habe. Dann setzt irgendwann E-Gitarre und Schlagzeug ein. Und der Song wird schlecht. Oder halt noch schmalziger. Schade, ich hatte mich schon gefreut. Der etwas „krumme“ Gesang macht vieles wieder wett, aber wie kann man etwas, das nach Singer/Songwriter-Melancholie klingt, so durch E-Gitarre zerstören? Ohne jetzt mal vom Text zu reden.
Pretty pretty heißt der nächste Track. Klingt auch erstmal sehr Indie, wenn es auch schneller und weniger melancholisch von statten geht. Die Stimme läßt mich an die Mountain Goats denken.
Das Lied wird poppiger, langezogene Wörter, fröhliche Stimme, SKIP.
Bus stop klingt nach Suburbs und Rummel. Ein wenig Hintergrundgesang ist hier zu hören, vor allem ein schreckliches „ooooooooooooooooohhhhhhhhhhhhhhh“. Und, ist das eine Flöte? Nein, ein nur ein merkwürdiger Synthie. (Oder so.) Dabei hatte alles so gut angefangen. SKIP.
Soundtrackklänge auch hier wieder. Will Rosenfeld uns das Leben in den luxemburgischen Vororten näher bringen? Not the one ist etwas besser als ein Vorgänger, obwohl auch hier schon wieder jemand im Hintergrund mit Rosenfeld singt. Wieso nur? Gebt dem Mann eine Gitarre und ein Mikro und ich bin zufrieden! Jetzt klingt der Gesang nach Green Day – und das ist keine gute Erinnerung!
Over and out klingt nach Weihnachtsmusik. Und die Stimme klingt nach schlechtem Pop. Will ich mir das noch länger antun? Muss ich mir das noch länger antun? EJECT!
Urteil: Wer William S. Burroughs auf seinem Backcover zitiert, der sollte auch gute Musik machen. Und das hier ist leider keine gute Musik. Mit Ausnahme der ersten Minute des erstes Liedes (oder so). Als Singer/Songwriter wäre Rosenfeld sicher nicht schlecht, als Popmusiker kann man ihn vergessen.

Ich hab keine Lust mehr. Zu viel schlechtes auf einen Haufen. Ich stell den CD-Stapel halt irgendwo hin, wo er mich nicht stört.

The Shuffle Show

Bei uns im Radio stehen von Zeit zu Zeit obskure Kisten, in denen sich viele viele CDs befinden. An diesen Kisten klebt meist ein Zettel mit den Worten »SERVEZ-VOUS!«, was soviel heißt wie »Bedienen Sie sich!«. CDs umsonst! Musik für lau! »Das ist ja fast wie im Internet!«, denke ich dann und durchwühle diese Kisten. Ich finde meist nichts, was ich irgendwann schon einmal gehört habe, dafür aber oft die eine oder andere Perle, die wohl nie berühmt werden wird. Diese CDs stammen übrigens gerüchteweise von itunes Luxemburg. Ich wähle mir die CDs, da ich keinen Anhaltspunkt habe, nach Cover aus. Da lag zum Beispiel der Soundtrack einer schrecklichen Serie, die auf SuperRTL läuft. Den habe ich nicht genommen. (Das Piratenlied war nämlich nicht drauf!)
Auf jeden Fall, ich blogge jetzt mal live, oder wie die Franzosen sagen würden, en direct, was man beim Anhören alles so erleben kann:

Wir fangen an mit dem symphatischen James Figurine, dessen Album »Mistake Mistake Mistake Mistake« uns hier vorliegt. Die CD liegt in einer grellgelben Papierhülle, die in schwarz, weiß und rosa bedruckt ist. James schreibt einen langen Brief, was ihn inspiriert hat. Mir gefiel aber nur der Satz, der ganz unten auf diesem Zettel stand: »The album is the meat (or tofu) in a tasty Club-Sandwich(…)« Ich hoffe auf Elektrofickmusik.
Na dann, guten Appetit, Mr. CDlaufwerk!
Elektro ist es, aber der gute James singt auch. Und das klingt gar nicht mal so furchtbar übel. Eigentlich klingt er wie der Sänger einer Indieband, aber die Musik ist minimalistischer Techno. Irgendwann singt James nicht mehr und man hört bloss noch eine Frauenstimme. Dann wird es auf einmal sogar noch tanzbar. Aber das Prädikat »Elektrofickmusik« gibts erst, wenn die anderen Tracks noch besser sind.
Die Idee dazu ist dem guten James übrigens gekommen, als er mit seiner Band Figurine durch Deutschland getourt ist. Der Fahrer hatte nur vier verschiedene Kassetten, und das war alles Techno. Und da ist etwas hängengeblieben bei Herr Figurine.
Track 6, der neben Nummer Eins mit dem tollen Titel »55566688833« in der Liste der »recommended listening tracks« steht, hat den etwas zugänglicheren Titel »Apologies«. Und klingt etwa wie folgt: Tanzen, Speed nehmen, Ficken, XTC nehmen, Tanzen, Ficken, Tanzen, Speed und XTC gemeinsam nehmen, fickend Tanzen, melancholische Texte singen. Ich bin gespannt auf Track Nummer Sieben, der nennt sich »One More Regret« und ist ebenfalls ein Anspieltipp.
(2349) Epischer Start. Erfüllt das Lied das auch? Jaahhh… Das klingt wieder nach Tanzen Speed Ficken XTC TANZENTANZENTANZENFICKEN. Und dann kommt wieder Gesang, und das klingt ungewohnt, aber irgendwie cool. Ja doch, Elektrofickmusik!

Die nächste CD habe ich nicht ob des Covers genommen, denn das Bild sieht verpixelt aus. Irgendwann wird die Zeit kommen, wo verpixelte Bilder mit vielen JPEG-Artefakten ihren Charme haben wird. So ungefähr in 25 Jahren. Ein wenig so wie die schrecklichen Sonnenbrillen im Moment. Die Compliation, denn sowas ist es, habe ich wegen ihres Namens genommen. Und weil es eh egal ist, kostet ja nichts, nicht mal Zeit. Die Tracklist von »dance to the Geräusche« ist gedruckt mit iTunes, was ich ja schon mal suspekt finde. Wie will man einen Deal mit iTunes, sollten die CDs tatsächlich von dort stammen, landen, wenn man es nicht einmal fertigbringt, eine Tracklist mit einem Grafikprogramm zu machen? Gerne: Dance. Steht da. Mal sehen. Obwohl ich lieber James Figurine hören würde, aber das bingt uns nicht weiter. Und die erste CD funktioniert nicht in meinem Laufwerk. Na toll -_- (2357) Die zweite geht auch nicht. Ich probier die dritte gar nicht erst.

Also die nächste Silberscheibe vom Stapel gegriffen, wieder eine Complilation, diesmal die des »Red Stripe Music Award 07«, gemacht mit barfly und Musicweek. Was auch immer das sein soll. Ich lese ja keine Musikmagzine, also weiß ich auch nicht, wie die heißen. Wieso auch? Seit ich mal die »Q« quergelesen habe, weiß ich, dass ich das nicht brauche. Auf gar keinen Fall. Die erste Band nennt sich »Camel One« und er Song »Where You Goin To Now« klingt wie tausend andere auch. Macht mich ein wenig nervös. Und wenn gitarrenbasierte Musik mich nervös macht, ist es endweder Ska oder halt einfach Musik, die mich nervös macht. Was solls, man muss ja nicht alles scheiße gut finden.
Wohingegen der nächste Track – er stammt von den City Royals, die ich genausowenig kenne wie ihr, cool klingt. »What Happens Next?« darf man sich wohl oft fragen, und ich frage mich, ob mir gerade bloss eingebildet habe, das Tetristhema zu hören. Hui, Gesangsolo! Hui, Klavier/Keyboardsolo! Aber auch nicht wirklich rund, und der Song entäuscht mich jetzt nach dem Anfang. Vielleicht beim zweiten Hören?
Rosie & The Goldbugs Track »Feeling Final« fängen mit einem Klavierintro an, wo langsam die Gitarre reinkommt, ehe der weibliche Gesang anfängt. Ein ruhiges Stück (bis jetzt auf jeden Fall!), das aber gefällt. Die Stimme erinnert in der Gesangsweise an Muse, ohne dass die Musik dieses einvernehemnde, kitschig-epische hat, was Muse hat. Schönes Stück, aber auch sicher nicht meine Lieblingsmusik.
(0019) »One More Lullaby« klingt nach einem Titel von Alice Cooper. Das Lied stammt aber von Rory McVicar und klingt absolut nicht nach Alice Cooper. Eher nach einem traurigen Gitarrenspieler in einer verrauchten, runtergekommenen Bar mit einer Schönheit am Mikrofon. ja, das würde ein schönes Schwarzweißvideo geben, aber ich vermute mal, Rory wird nie das Geld haben, solche Videos zu drehen. Ich weiß allerdings auch nicht, ob ich solche Lieder länger als 2 Minuten, die das Stück hat, ertragen könnte.
Hair heißt eine Band, die Musik macht, die ich auch schon eine Million Mal gehört habe und nicht gut finde, ausser vielleicht, wenn man mich umsonst auf ein Konzert mit netten Leuten schickt, die mir eine Menge Bier spendieren. Und so klingt die Musik auch. Mit irgendeiner merkwürdigen Orgel im Hintergrund. »Brick Supply« heißt dieses Lied, das in der Musikgeschichte so überflüssig ist wie »The Final Countdown«.
The Runners singen etwas von »I‘m wasting my time«. Das Gefühl habe ich auch beim Hören ihrer Musik. Denn die klingt, und das scheint eine Krankheit dieser Compliation zu sein, wie schon hundert Mal gehört. Macht doch mal was Neues!

(0036) Weiter geht es mit High Contrast und einem Cover von »In-A-Agadda-da-Vida«. Das ganze soll wohl eine Single sein. Ich würde es eher eine billig gebrannte CD mit dreckiger Schrift, das ganze in einer billiger Plastikhülle mit einem »Hippiecover« nennen. Techno-Remix von dem altbekannten Lied, allerdings ohne dessen Tiefe und episches Ausmaß. Das Lied dauert auch bloss fünf Minuten. Mal sehen, ob die B-Seite besser ist. Die fängt an wie ein schlechter Symphonic Metal-Track, mit Frauenstimmen, die »OhhOhhOhhOhhh« singen und da ist dann viel Hall drauf. Dann eine Männerstimme und ein Beat, der eigentlich ganz annehmbar klingt. Besser jedenfalls als das Cover von vornhin. Aber eigentlich ist das auch bloss schlechter Techno. Nee, da hör ich lieber die Originalversion von »In-A-Agadda-da-Vida«.
The Shuffle Show wird fortgesetzt. Der Stapel ist noch hoch.