Gefallener Engel
Schwarz umrandete sie ihre Augen, schwarz färbte sie ihre Augenlieder, so dass ihre grünen, ihre wunderschönen dunkelgrünen, mal ernsten, mal kindlich-fröhlichen Augen noch mehr zur Geltung kamen.
Sie sah sich selbst an.
Ihr hellbraunes Haar mit der einen Dread, die ihre Eltern ihr erlaubt hatten, ging ihr bis kurz vor über die Ohren. Es sah wild aus, und das gefiel ihr.
Über den schwarzen BH, den sie bis jetzt an hatte, zog sie ein dunkelgrünes Top mit einem kleinen Ausschnitt. Auch wenn sie ihren Busen für ihre Figur vielleicht etwas zu groß fand, brauchte sie sich ja nicht zu schämen, ihn zu zeigen.
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Sie sah sich wieder an. Es fehlte noch etwas. Etwas, was sie von der normalen Masse abhob. Etwas, das jeder direkt erkannte, anders als die Dread oder das dunkele Make-Up.
Das Nietenhalsband? Nein, noch zu unauffällig. Und sie fühlte sich nicht so, als bräuchte sie nur ein Halsband, das ihr tieftes Inneren in ihr gefangen hielt, sondern sie brauchte auch etwas, was sie vor den Blicken dieser lüsterenen kleinen Wichser, denen sie ganz sicher begegen würde, denn die waren überall, schützte.
Sie entschied sich für ihr Stachelhalsband.
Es war ein Symbol, ein privates Symbol, das vielleicht falsch gedeutet wurde. Aber was machte das?
Es war nicht wichtig, was die „Anderen“ dachten. Wichtig war nur sie, ihre Gedanken. Und dass niemand genau wusste, was in ihr vorging. Ein Zeichen setzten war okay, aber niemanden wollte sie die Abgründe ihrer Seele zeigen.
Wer sich in dieses Labyrinth vorwagen mochte, hatte besser daran, eine große Fackel mitzunehmen, denn es war dunkel, in ihrem Innersten.
Sie sah sich nochmals an. Mana Kotsun, 17 Jahre alt, hellbraunes Haar, eine Dread, dunkel umrandete grüne Augen, bleiches Gesicht, Stachelhalsband, enges grünes Top – ihr Busen kam zur Geltung, schwarze ¾ Hose, Sandalen. Ungewöhnliche Mischung, aber passend zu ihr.
„Selbst wenn der Fall eines Engels schon eine Million Jahre her ist, man sieht ihm seine einstige Schönheit immer noch an…“, dachte sie, und es war die Stimme aus ihrem Innersten, die da in ihrem Kopf sprach. Das war einer der Gedanken, die sie mit niemanden teilen wollte.
Mana verliess ihr Zimmer, stieg die Treppe hinunter, ging zur Tür, nahm ihren Schlüssel vom Schüsselbrett, vergewisserte sich, dass sie ihr Geld und ihr Handy dabeihatte und verliess das Haus. Wohin wollte sie? Sie wusste es nicht wirklich. Spazieren gehen, raus, an die frische Luft.
Irgendwo in ihr innendrinn fühlte sie, dass irgendetwas sie dazu drängte, rauszugehen, so als hätte sie eine Vorahnung.
Aber war das nur ein merkwürdiges Gefühl, oder steckte etwa mehr dahinter? Was wusste sie schon über das, was manche Leute ihre Seele genannt hätten?
Sie ging durch den Schatten, vermied es, direkt ins Sonnenlicht zu treten. Auf eine Art und Weise genoss sie zwar die warmen Strahlen auf ihren Schulterblättern, aber anderseits behagte ihr die grelle Sonne überhaupt nicht.
Sie war ein Kind der Nacht, allenfalls noch von Sonnenauf- und -untergängen.
Sie machte einen langen Umweg, um nicht sofort in der Zentrum der Kleinstadt zu gelangen, in der sie lebte. Sie schlenderte am Ufer des kleinen Flusses entlang, genoss es, den schattigen Weg entlangzugehen, und von den Menschen, die sie ab und zu traf, mit einem erstaunten Blick angestarrt zu werden.
Es kamen Mütter mit ihren Kindern, Gruppen von Jugendlichen – kichendere Siebtklässlermädchencliquen und gröhlende Banden von Jungs, die es nicht wagten, auf ihr Dekoltee zu sehen – oder nicht groß genung dazu waren, Päarchen jedes Alters, und in jedem Gesicht sah Mana die Verwunderung.
Manchmal hasste sie es, wenn sie angestarrt wurde, aber in den meisten Fällen gefiel es ihr oder sie mochte es sogar. Vielleicht überlegte sich ja jemand, wieso sie sich so anzog.
Der Wind stricht sanft durch ihr Haar, und sie spürte, wie einzig die Dread nicht durch die Luft gewirbelt wurde. Wiederstand. In gewisser Weise hätte man sagen können, die Dread schwimme im Gegensatz zu den Rest ihrer Haare gegen den Strom.
Aber was konnten die Haare denn dafür, dass sie nicht zu Dreadlocks verfilzt waren, dass sie zu leicht waren, um dem Wind Wiederstand leisten zu können?
Gab es auch Menschen, die zu schwach waren, um Wiederstand zu leisten? Die es sich nicht leisten konnten, gegen den Strom zu schwimmen, um nicht alles zu verlieren?
Aber konnte man im Geist Wiederstand leisten, und sich rein äusserlich vom System beherschen lassen? Wieso fingen nicht alle die, denen alles das wiederstrebte, was täglich mit ihnen passierte, damit an, ihr Äusseres so zu ändern, dass man sah, dass ihnen etwas nicht passte?
Mana seuftze. Vielleicht war es leichter, ihre Eltern zu überreden, dass sie sich endlich alle ihre Haare dreaden durfte, dann würde sie solche Probleme nicht mehr haben, oder nicht mehr alleine durch einen Windstoss auf solche Gedanken kommen.
Ich erkenne mich wieder.. in fast jedem Detail. Immerhin hab ich doppelt so viele Dreads und rotbraune, lange Haare. Aber es geht hier ja mehr um's Prinzip. ^^
Sind wir uns in unserem früheren Leben schonmal begegnet, Fire?
*unheimliche fragen stell* ;)
Ach was.. wer weiß. Najaaa.. jedenfalls mag ich die Geschichte, die ist toll. Wunderschön.
Und der Post von heute morgen.. ich mag den letzte Satz.. "Tumult bricht aus und alle Welt verlässt den brennenden Raum."
Ich weiß nicht, warum ich den toll finde, aber ich glaub, sowas ist gar nicht begründbar.
Bis später mal