Als ich von ihr kam, erreichte mich ne SMS von Anne, und so ging ich, gebückt unter dem grauen Himmel der trostlosen Hauptstadt, wegen dem Feiertag unbelebt wie ein ausgebrannter Ameisenhaufen, zu ihr, bzw. zu dem ausgemachten Treffpunkt.
Wieder einmal eine düstere, verrauchte Bar und wieder einmal bot sie mir eine ihrer selbstgedrehten Zigaretten an, und wieder nahm ich einen Tee. Mir war nicht danach zu Mute, mich zu betrinken, auch wenn es in dem Lokal, das in dunkelen Blau und Grautönen gehalten war und dunkele Holztische und -stühle als Einrichtung besaß, offenbar populär war, langsam einen Whiskey zu geniessen.
Sie erklärte, die Musik gefalle ihr, ich nickte und fragte, ob ich erzählen könnte.
Anne meinte, nur zu, dazu wären wir doch teilweise in dem Laden, wenn auch nicht nur.
Und ich erzählte alles, was ich mit ihr gemacht hatte, das gemeinsame Schmusen, das Fummeln, das Nebeneinander Schlafen, das gemeinsame Frühstück und all die anderen mehr oder weniger unmoralischen Dinge.
Auf der kleinen Bühne, zu der die meisten Tische gedreht waren, stand, halb im Schatten, was bei der sowieso düstern Beleuchtung der Bar nicht viel Unterschied machte, ein etwas dickerer Mann mittleren Alters, der den Blues wirklich beherschte. Er spielte auf der Mundharmonika und sang dazu, während ein anderer, den ich nicht sofort erkannt hatte, auf dem Saxophon dazu improvisierte. Es war herrliche Musik, und irgendwie traf sie genau meine merkwürdige Stimmung zwichen Fröhlichkeit und einer sich aus unbekannten Beweggründen anbahnenden Depression – oder sollte ich es „den Blues“ nennen?
Was bliebe denn, fragte Anne.
Ich wusste nicht, ob ich wirklich eine Schlussfolgerung ziehen sollte, aber mir fiel etwas ein, das mir in den Sinn gekommen war, als ich über die Brücke gegangen war, die über den Luxemburger Hauptahnhof führt:
Es bleibt, das Gefühl, jemanden besiegt zu haben, und das auf in allen Berreichen. Einmal durch dieses Lied und einmal durch die Dinge, die ich mit ihr gemacht hatte.
Letzendlich war es auch der Sieg über mich selbst gewesen, über mein früheres Ich. Und deshalb sei es egal, was Wünsche, Träume, Vorstellungen und dessen Mischformen gewesen seien, denn das was zählte, sei das hier und jetzt.
Anne lächelte, nahm einen Schluck des Tees und ich dachte daran, dass Stella und Anne auf eine gewisse, merkwürdige Art und Weise untrennbar miteinander verknüpft waren. Und auf die gleiche merkwürdige und seltsame Art und Weise war ich froh darüber.