Ein kleiner Saloon, in einer kleinen Stadt am Rande der Prärie, irgendwo dort, wo der Westen noch wild war, ein Saloon wie tausende.
Wenn man durch die typischen Flügeltüren eintrat, kamen einem Rauchschwaden entgegen, die von der bereits längeren Zeit sitzenden Klientell verursacht waren. Man roch deutlich den charakterischten Geruch des Wildwestsaloons:
Das neu angestrichene Holz, das man wahrscheinlich gebraucht hatte, um die letzte Schiesserei zu verdecken, das noch einen „neuen“ Geruch hatte, der abgestandene Whiskey, der billige Tabak der durchreisenden Cowboys und deren eigener Geruch nach Vieh und Pferden, allles vermischt in dieser düstern Spelunke.
Joe Grey war schon in hunderten, wenn nicht tausenden solcher Saloons gewesen, und seiner Meinung nach war es wie folgt: Hatte meinen einen Wildwestsaloon gesehen, hatte man alle gesehen, abgesehen von den billigern Plagiaten, in denen sich zumeist gelehrte Leute aufhielten, die teuere Zigarren rauchten und französichen Wein tranken, und jeder trotzdem einen Cowboyhut aufhatten, um den Eindruck zu erwecken, sie gehörten zur Landbevölkerung – dabei waren es meist Versicherungsagenten oder ähnliche Firmenvertreter aus dem Osten.
Dies hier war ein echter Saloon, das bemerkte Joe Grey nicht nur auf den ersten Blick, sondern seit er den Geruch der Cowboys, der auch ihm anhaftete, gerochen hatte. In dieser Wirtschaft konnte man sicher einige lustige Stunden erleben.
Joe setzt sich gemächlich auf den Barhocker, spuckte einen Kautabak in den kupfernen Spucknapf und strich sich durch das unrasierte Gesicht. Er wartete ungeduldig darauf, dass ihn jemand bediente, und war dran und drauf, mit der Hand auf den Tresen zu hauen und zu schreien:
„Was ist das hier für ein Sauladen? Jetzt warte ich schon eine Ewigkeit auf meinen Drink!“
Zum Glück der Innenaustattung des Saloons wurde Joe jedoch eine Sekunde nach diesem Gedanken bedient.
„Hey, Bubi, lass nen Whiskey rüberwachsen, und keinen zu knappen!“
Der Barkeeper, offensichtlich an den rüden Umgangston seiner Klientell gewöhnt, schüttete Joe einen starken Whiskey raus – und wenn Joe schon fand, dass er stark war, dann war er wirklich stark!
Trotzdem, der Cowboy vertrug so einiges.
Plötzlich erhob sein Nebenmann, ein älterer Cowboy, seine Stimme:
„Hey, Greenhorn, ziehst du auch so schnell wie du trinkst?“
Der Mann war offensichtlich betrunken. Trotzdem war das für Joe kein Grund, nicht auf ihn einzugehen.
„Du nennst mich ein Greenhorn? Du weiß wohl nicht, mit wem du es zu tun hast? Ich bin Joe Grey, und ich habe Rinder vom Rio Grande zum Pazifik und wieder zurück getrieben!“
„Greenhorn, nun mach dir mal nicht in die Windeln. Das habe ich schon getan, als du noch an den Brüsten deiner Mutter genuckelt hast!“
Joe Grey wurde nun ernsthaft wütend.
„Ich glaube, da will jemand ein Duell, was?“
„Wenn du dich traust, Hosenscheißer, gerne!“
„Um Punkt 6 Uhr morgen früh, vor dem Stadttor. Du wählst die Waffen!“
„Ich werde da sein, Greenhorn. Wenn du dich bis dahin nicht aus dem Staub gemacht hast, würde ich dir raten, vorher den Sargbauer aufzusuchen, er fertigt Modelle auf Maß.“
„Du wirst keinen Sarg brauchen, wenn ich mit dir fertig bin.“
Mit einem Zug lehrte Joe Grey sein Glas und verliess, ohne noch ein Wort zu sagen, den Saloon.
Der heiße Wüstensand der Stadt knirschte unter seinen Stiefeln.
Heisst er nun Joe Black oder Joe Grey?
Grey. Aktualisiert, danke.