Der Himmel über E. ist an 300 Tagen im Jahr der gleiche oder ändert sich nur sehr langsam. Es liegt wohl daran, dass diese Kleinstadt, die eigentlich ein schreckliches Provinznest mit „städtischem Charakter“ ist, in einem Loch liegt, umzingelt von Hügeln, die auch heute noch fast alle landwirtschaftlich genutzt werden und an denen die Wolken nicht vorbei kommen – oder wollen.
Und auch heute scheint sich diese schreckliche Monotonie zu halten, obwohl manchmal ein Fetzen des blauen Himmels zu sehen ist, drückt die grauweiße Masse dich so in dieses stinkende Loch, dass du das Bedürfniss hast, dich zu duschen, lange und ausgiebig, um den Dreck und Gestank der Kleinstadt loszuwerden.
Also hast du geduscht, und dich dann erst vor die Kiste gesetzt, um die Nachrichten aus allen Ecken und Enden der Welt zu lesen, nicht ohne dich dabei an die Worte des Artikels über die mediale Menschlichkeit oder eher: die Unmenschlichkeit des Medialen zu errinern, die dir im Kopf hallten wie Poltergeister in einem Spukschloss.
Du bist an das große, offene, und dennoch nicht kühlende Fenster getreten, nach einem kühlen Luftstoss sehnend, hast die trostlose Masse über dir betrachtet, die so gut zu den graugen Schieferdächern harmoniert. Unvorstellbar, hier rote Dächer zu sehen, wie beispielsweise in Semiitalien. Und du errinerst dich an Umberto Eco, Die Grenzen der Interpreation, in dem er die Verwirrung italienischer Leser beim Lesen eines Gedichts eines Franzosen über die Dächer von Paris, der jene mit dem Meer verglich.
Und du denkst, voller Romantik, dass es eine wunderschöne Stadt sein muss, an der du auf den Balkon treten kannst und das Meer sehen kannst, bevölkert von Tauben und Krähen.
Im Radio läuft Ends von Everlast. Der Bass ist weit aufgedreht.
Auf deinem Gesicht ist ein Lächeln zu sehen.