Freewriting #2

Ich habe heute, wie Thierry es vorgeschlagen hat, die Idee von gestern aufgegriffen und weitergesponnen. Diesmal habe ich ganze 15 Minuten geschrieben, obwohl es eigentlich nur Zehn werden sollten. Allerdings war es eine dumme Idee, das Handy, das beim Ablauf des Countdowns vibrieren sollte, aufs Bett zu legen. Da hört man die Vibrationen nämlich nicht.
Anzahl der Zeichen in 15 Minuten: 3569, was statistisch gesehen 2379 Zeichen in 10 Minuten sind, das sind weniger als gestern. Ich bin aber zufrieden mit mir, dass ich den Schreibfluß auch eine Viertelstunde ohne Probleme aufrechterhalten kann und eigentlich noch Ideen habe. Hier das Resultat:

Zehn Minuten. Freewriting. Diesmal mit einem Glas Cola. Ist trinken erlaubt?

Ina war aufgeregt. Sie hatte ihn ganz spontan zu sich eingeladen, oder eher hatte er sich selbst eingeladen. Das stimmte auch wieder nicht ganz. Sie wollten sich treffen, ohne dass es ganz klar war, von dem der Anfangsimpuls ausgegangen war. Normalerweise wusste Ina bei Dates, ob sie oder ihr Date-Partner das Treffen einberufen hatte, aber diesmal hatte sie es vergessen oder es war nicht wirklich wichtig gewesen. Und dann hatten sie nicht gewusst, wo und wie und was. Das übliche Problem. Es fiel Ina schwierig, sich kreative Ideen für erste richtige Treffen einfallen zu lassen. Es gab eigentlich nur paar Möglichkeiten, die alle Vor- und Nachteile boten. Zum einen Kino, was zum Knutschen ideal war, aber sehr effektiv verhinderte, dass man viel redete und sich auf einer intellektuellen Ebene näher kam. Was ihr missfiel. Dann gab es das Café, wo immer die Gefahr bestand, dass man jemanden kennen würde, was dem Kennenlernen ebenfalls nicht wirklich zur Gute kam. Ganz kreativ hatte sie die Idee mit dem Eisessen gefunden, auf das sie sich eigentlich geeinigt hatten.

Eis war sexy, wenn es man es richtig aß. Ihre beste Freundin hatte mal die Theorie aufgestellt, dass es zwei verschiedene Möglichkeiten gab, ein Eis zu lecken. In Phallusform oder in Busenform. Wobei dabei das präferierte Geschlecht zu sehen wäre. Ina hatte bei mehreren Eiskugeln eher das Problem, dass sie darauf aufpassen musste, dass das Eis nicht herunter tropfte und ihr über die Finger lief. Was sehr wenig sexy war und man bei einem Date vermeiden sollte.
Anderseits stellte sich ihr die Frage, ob sie nicht im Allgemeinen zu viel Eis aß. Nicht gut für ihre Figur, obwohl ihr immer gesagt wurde, sie wäre auf keinen Fall zu dick, eher im Gegenteil. Sie wusste es einfach nicht. Vielleicht hatte sie überhaupt keine Meinung dazu.
Wie merkwürdig.

Es war jedoch nicht zum Eisessen gekommen, weil es heute regnete. Eine ganze Woche eitel Sonnenschein und heute, an dem entscheidenden Tag, wo sie ihn treffen und mit ihm ein leckeres Eis essen sollte, regnete es. Aber vielleicht war das gar nicht so furchtbar, wie es schien. Vielleicht würden sich in ihrem Zimmer sehr viel mehr Möglichkeiten ergeben als in der Eisdiele.
Auf jeden Fall würde er sehr viel mehr über die herausfinden. Er würde merken, dass die merkwürdig war. Ina fand das prickelnd. Sie mochte keine Versteckspiele und dennoch fand sie, dass sie gerade dadurch, dass sie diesem Jungen ihr Leben durch ihr Zimmer zeigen wollte, irgendwie versteckend und gleichzeitig exhibitionistisch.
Gab es nicht auch sowas im Fernsehen?
Ina schaute selten fern, und wenn, dann auch keine Musiksender, oder wie es heute wohl eher heißen sollte: Jugendsender. Denn Musik lief da eher selten. Oder Ina hatte immer zum falschen Zeitpunkt eingeschaltet. Aber sie mochte eh keinen Pop. Vielleicht brauchte sie auch gar keine Musikvideos, denn sie sah sich ja selbst jeden Tag Musik machen. Sie spielte Bass im Spiegel.
Manchmal auch nackt.

Ihr Exfreund hatte immer gesagt, dass ein Bass eine Frau oder ein Mädchen um 200 Prozent attraktiver mache als eine, die kein Instrument spielen würde. Sie hatte manchmal nackt für ihn gespielt, während er nur auf ihrem Bett gesessen hatte und ihr zugesehen hatte, voller erotischer Erwartungen. Das war nach und nach zu einem festen Ritual geworden. Sie übte wenn er da war, und wenn er da war übte sie wegen ihm nackt. Und so hatte sie es sich angewöhnt, nackt in die Saiten zu greifen. Vorhin hatte sie auch nackt gespielt.

2 Kommentare “Freewriting #2

  1. Ich weiss nicht warum, aber der Name Ina gefällt mir. Er macht mir den Charakter von Anfang an sympathisch…

    So, zum eigentlichen Text:

    Ich mag die Beschreibung des Eisessens ganz besonders, es beginnt mit einer zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte doch eher ünnötigen erotischen Anspielung und wird dann zu einem ganz alltäglichen Ereignis, das eine unfreiwillig komische Situation Inas beschreibt.

    Ich finde auch die Überlegungen zum besten Ort für ein erstes Date überzeugend. Wer kennt sowas nicht? Vielleicht liegt es daran, dass du den Text nicht weiter bearbeitet hast, ich finde jedenfalls die Sorgen Inas wirken sehr überzeugend.

    Die Idee den Jungen in ihr Zimmer einzuladen und die damit einhergehenden Gedanken, dass er sie damit wirklich kennenlernt finde ich abermals sehr realistisch – was gibt es Intimeres als einem potentiellen Geliebten sein eigenes kleines Reich zu zeigen? (Okay, gibt intimere Dinge, aber soweit ist die Geschichte ja noch nicht. :))

    Den noch immer anhaltenden Einfluss ihres letzten Freundes finde ich sehr reizvoll, das wirft einige interessante Fragen auf: wer war dieser Freund, dass er sie über seine Präsenz hinaus so tiefgehend beeinflusst hat? Was sagt uns dieses Verhalten über Ina? Normalerweise mag ich es nicht, wenn die Charaktere in einer solchen Geschichte gleich am Anfang nackt umherlaufen, aber hier steckt ein gewisser Reiz dahinter, weil es einen ganz bestimmten Grund für das Nacktsein gibt. Und es ist ein anderer als Sex.

    Alles in allem muss ich zugeben, dass es mir gefällt wie echt sich Ina "anfühlt". Ich sehe sie wie sie da in ihrem Zimmer steht und sich Gedanken um ihr Date macht und Bass spielt. Jetzt gibt es noch zusätzliche Spannung, ob ich mir das Mädchen richtig vorstelle. :D

    Ich freue mich auf die Fortsetzung(en)! :)
    Und ja, trinken ist natürlich erlaubt. Ich habe sogar in den Workshops an der Uni während Freewriting manchmal Kaffee getrunken. Man soll ja nicht durch Kreativität verdursten. ;)

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