Helle Augen

Die Bright Eyes zu sehen war eigentlich eine logische Entscheidung, mag ich die Band doch sehr, besonderes die ruhigen, mit akustischer Gitarre gespielten Songs. Trotzdem habe ich mir kein Ticket vorbestellt und mich erst am Donnerstag entschlossen, wirklich da hin zu gehen. Keine lange Phase der Vorfreude wegen spontaner Aktion.

Leider hieß das auch ein teureres Ticket kaufen zu müssen, das dann leider 25 statt 20 Euro kostete. Dafür gab es dann auch eine Vorband. Oder eine Vorsängerin. Die nennt sich Jaymay, hatte trotz der unglaublichen Hitze im Atelier eine Mütze auf und stand mit einer akustischen Gitarre auf der Bühne. Und sang über Beziehungen. Und das klang alles sehr schön. Ich habe sofort an New York und diverse Szenen aus „Friends“ denken müssen, und ich sollte Recht behalten: Jaymay kommt tatsächlich aus New York und hat ihre Karriere an offenen Mikrofonen begonnen. Sie kann neben wunderschönen Liedern trällern auch noch erstaunlicherweise Blasinstrumente mit ihrem Mund nachmachen. Das klingt täuschend echt, sieht ein wenig merkwürdig aus und gab im Atelier Szeneapplaus.

Soweit ich sie verstanden habe, war dieses Konzert erst das zweite, das sie vor den Bright Eyes gespielt hat. Sie hat sich bedankt, verwirrt ob der vielen möglichen Schreibweisen von „Luxemburg“, wirkte ein wenig aufgeregt und hat irgendwann dann doch ihre Mütze ausgezogen.

(Bild CC by Jacobine)

So langsam begann ich zu ahnen, wie viel ich noch im Laufe dieses Abends schwitzen sollte.
Ich holte mir also schnell ein Getränk, was im Altier nie mehr als 20 Meter Weg bedeutet, denn die Location ist sehr klein, was aber immer für schicke Stimmung sorgt.
Nach längerer Wartepause, Aufbau von Instrumenten, diversen Hockern und Mikrofonen sowie der Dekoration, die aus Blumenkästen bestand, kamen die Bright Eyes dann endlich auf die Bühne. Und wieder einmal wurde mir klar, wie sehr man sich doch beim Hören einer Band verschätzen kann. Ich war der Meinung, die Bright Eyes würden hauptsächlich aus dem Sänger Conor Oberst und seiner Gitarre bestehen, was jedoch nur für die Studioproduktionen so ist, wo dann halt Gastmusiker eingeflogen werden. Zumindest Live stimmt das nicht. Ein Streichquartett, Bläser, Keyboarder, E-Gitarre, Bass und zwei(!) Schlagzeugerinnen standen auf der Bühne. Und ich könnte da auch noch etwas vergessen haben. Ja, Fagott und Querflöte gab es auch noch teilweise.
Alle ganz in weiß. Oberst erzählte nachher, normalerweise würden alle weiße „Wedding Suits“ tragen, aber man habe ob der Hitze darauf verzichtet. Nur der Keyboarder trug seinen Anzug, weshalb er von Oberst gelobt wurde.
Ich habe viele Songs nicht wiedererkannt, was wohl teilweise an meinem allgemeinen Songnamengedächniss liegt, wohl aber auch daran, dass ich die neue Platte Cassadaga nicht besonders gut kenne. Auf zwei Songs hatte ich gehofft: Something Vague und First Day Of My Life. Letzterer kam ziemlich am Anfang und ich wurde wieder einmal überrascht ob der gelungenen Instrumentalisierung. Das große Live-Line Up zahlt sich wirklich aus, geben die verschiedenen Instrumente einem Lied doch viel mehr Tiefe.

Tiefe gab der ganzen Performance auch die merkwürdige Videoprojektion, die dauernd über die Musiker projiziert wurde. Also, ich dachte jedenfalls, dass es eine Videoprojektion sei. Bis Oberst seinem Freund dankte, der mit Hilfe eines Overheadprojektors (Manche kennen das vielleicht noch aus der Schule!) und diversen Folien, Super8-Filmen und Farbe sehr spezielle Muster auf und hinter die Musiker zauberte. Er kann somit sofort auf die Musik und das Gesprochene reagieren, was sehr sehr gut aussieht. Vor allem wenn er Farbe in eine wassergefüllte Schüssel (Oder sonst was, ich habe es nicht erkannt) tropfen lässt und die über dem Kopf des Sängers merkwürdige Muster bildet. Außerdem bestimmt billiger als die Lichtshow gewisser Roboterbands.

Während dem Konzert schmiss Oberst die blumige Dekoration in die Menge, bedankte sich mehrmals bei Jaymay und forderte Applaus für sie. Musikalisch rockten die Bright Eyes einfach nur. Die melancholischen Songs waren in einer Frische umgesetzt, die den Songs ihre inhaltliche Tiefe ließen, sie aber von der Einfachheit der akustischen Gitarre befreiten.

Ein gelungener Abend an dem ich, wie in Luxemburg üblich, mal wieder eine Menge alter Bekannter sah. Das Land ist so klein, dass man eigentlich kaum irgendwo hingehen kann, ohne jemanden zu treffen, den man kennt. Aber eigentlich ist das auch schön so, denn nachher fühlt man sich in seinem Musikgeschmack nicht mehr so alleine.
(Last.fm Eventpage)
Bright Eyes Ticket
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Ein Kommentar zu “Helle Augen

  1. oha, ich war ja der Meinung, dass Conor mit langen Haaren und dem schlechten neuen Album nicht mehr sehenswert sei… Aber vielleicht hätt ich doch mal hingehen sollen. Allerdings, du hast keine Vergleichsmöglichkeit, oder? einen enttäuschenden Bright Eyes Auftritt nach 2 hammergeilen hätte ich nicht überlebt. Wenn Conor wieder vernünftige depressive/agressive Lieder schreibt, geh ich auch wieder zu den Auftritten.

    Kurze Haare wären ein Bonus, aber nicht unbedingt notwendig.

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