Moor

Du sitzt im Bus, der geduldig wie ein altes großes Tier, ein Mammut oder Rhinozeros, über das Land fährt. Die silbergraue Karosserie trotzt dem strömenden Regen und dem peitschenden Wind, während der Bus mit stoischer Ruhe jede Haltestelle abfährt, ohne jemanden mitzunehmen. Vor einer Stunde ist der letzte Reisende zugestiegen. Wie lange du selbst berreits fährst, wagst du gar nicht zu rechnen. Du siehst den Regentropfen zu, die sich wegen dem starken Wind Spermatozoiden ähnlich horizontal über die Scheibe bewegen.

Moor cc by burtonwoodandholmes

Irgendwann bist du angekommen. Im Nirgendwo. In der Pampa, möchte man sagen. In Wahrheit stehst du an einem Moor, durch dessen Kanäle nachts angeblich Fischotter schwimmen.
Es regnet noch immer. Dicke Tropfen auf deiner Brille. Du kannst förmlich spüren, wie sich das Moor, die gesamte Landschaft mit Wasser vollsaugt. Ein gigantischer geologisch-biologischer Schwamm.

Es ist so friedlich hier. Der Regen schluckt jedes Geräusch, nur das einzelne Rufen eines dir unbekannten Vogels ist von Zeit zu Zeit zu hören. Du bist völlig durchnässt. Junge Fischotter sind angeblich wasserscheu. Du atmest tief ein, riechst die torfige Luft.
Ein letzter Atemzug.
Ein schöner Ort, um zu sterben.

[0803122202] (Image cc by burtonwoodandholmes)

2 Kommentare “Moor

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