Eimer

Ich möchte ein Eimer sein, in den sie alle reinkotzen.
Vielleicht bin ich genau dieser Eimer schon lange.
Das ist die schrecklichste Beschreibung für etwas, das so unglaublich schön sein kann.
Aber manchmal fühlt es sich doch genau so an.

Das Leben der Anderen hören, bereden, erleben, erzählen. Als wäre es dein eigenes.
Es ist doch aber ein Teil von dir und du bist ein Teil davon. Aber nichts von alledem ist ganz deins.
War je irgendetwas ganz allein mein?
Eine unendliche Umarmung im Angesicht der Ewigkeit, während eines Wimpernzuckens. Sekunden sind zu lange, um jene Augenblicke zu messen, in denen du dich in einem Stadium absoluter Klarheit befindest.
Wie ein Loch, das mit einer Stecknadel in deinen dicken Wattekokon gestochen wird.

Beschreibt man diese Phasen als Sinuskurve, so ist der gemeinte Moment exakt der, in dem die Auslenkung null ist.
Meine Haare sind schon wieder so lang. Und du hast keine Ahnung, was für eine Frisur du willst. Vielleicht war ein fast kahler Kopf dann doch besser. Roh sah das aus.
Mir fehlt jeder Zugang zu poetischer Sprache. Aber ist nicht Poesie das, was man nicht mehr beschreiben kann, die Sterne, die wir nicht sehen, weil zu weit weg sind, die Jupiterringe, die zu dünn sind, die Millionen von Mikroorganismen, die halbtot auf unserer Haut herumkrabbeln, ohne das wir auch nur die leiseste Ahnung davon haben, ob sie existieren oder nicht? Ist nicht das der Inhalt, den du jetzt nicht mehr auszudrücken vermagst?

Vielleicht, weil es außer Pickel nichts mehr auszudrücken gibt.
Ein eitriger, dicker Pickel auf der Haut meiner Seele. Man sollte ihn ausdrücken, mit allen zehn Fingern gleichzeitig. Auf dass der Eiter und das Blut nur so spritzen! Eklig soll es sein, so eklig, dass man kotzen möchte aber vor Ekel nicht einmal mehr fähig ist, die eigene Speiseröhre auch nur ansatzweise zu kontrollieren.

Menschen taumeln herum, fallen von der Bühne, von der Brücke, in den Abgrund. Eine roboterhafte Spinne klettert die Brüstung des Plastes hoch, auf den Balkon, wo sie die Flagge der Republik hisst. Hilflose Soldaten versuchen sie zu erschießen, merken aber, dass sie nicht einmal Patronen haben. Schnell verstaatlichen sie zwei Banken und ein Plattengeschäft und versuchen die Spinne mit Polyvinylchloridscheiben zu treffen.
Ich trete auf den Balkon meines Palastes und bekräftige noch einmal meine Souveränität.
Eiterflüssigkeit schwappt aus den überlaufenden Kanälen, in denen sich keine Schildkröten mehr aufhalten.
Eine Prozession aus meinen Erzfeinden, allen voran der diabolische Doktor Schredder, der seine Niederlagen nie eingestehen konnte.

Und ich dachte, diese Zeit wäre vorbei! Eine Musikkapelle begleitet den Zug, der schon seit fünf Minuten an einer Wand steht und nicht mehr weiterkommt.
Niemand kann das hier alles erklären und dennoch weiß jeder, was gemeint ist.

Und dann ist da Leere.

2 Kommentare “Eimer

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