Gen Osten

Blick aus dem Fenster, morgens.
Gen Osten, dort wo die Stadt entlang der Donau erstreckt, lassen sich am Horizont bereits die ersten Vorboten des Sonnenaufgangs ausmachen. Mit einem Mal wird die Sphärenartigkeit der Erde mir bewusster. Ich sehe, wie sich mit etwa 1666 km/h um ihre eigene Achse rotiert und mich aus dem Schatten ins Licht schiebt. In einer Stunde wird es wieder taghell sein und ich in den letzten Vorbereitungen für die große Reise.

Im Hintergrund liebliche Musik. Entertainment for the Braindead. Coming home. Das Lied habe ich zum ersten Mal gehört, als ich im Januar, im tiefsten Winter, nach ein paar Wochen im Großherzogtum wieder in Wien war.

Es ist das gleiche Ritual, seit etwa einer Woche. Ich begrüße den neuen Tag aus dem Fenster gelehnt. Die Zeitungsausträger fahren stumm und einsam auf ihren Rädern mit den großen Marktkisten auf dem Gepäckträger vorbei. Kaputte Feierende kehren heim, mühen sich, den Schlüssel zu finden. Taxis brausen vorbei, kaum andere Fahrzeuge. Die Stadt erwacht, ich gehe schlafen. Mir fällt jetzt erst ein, dass es ein Lied der Neubauten gibt, das sehr gut dazu passt. Ironischerweise habe ich es lange zum Einschlafen gehört.

Einen kleinen Moment lang der Gedanke: Ich will hier nicht weg. Die Stadt hat mich an sich gefesselt, ich fühle mich hier dahoam, ohne sie zu kennen, ohne großartige Verbindung. Und ich vermisse den Park, in dem ich gefühlt alle Tag seit es einigermaßen warm ist, verbrachte habe, den großartigen Türkenschanzpark, in dem ich zu meiner Verzückung einen Kuchenbaum gefunden habe, jetzt schon.

Fahre ich nach Hause oder nur zu meiner Sommerresidenz? Es gibt wohl keine gute Antwort auf diese Frage. Wäre Winter und Nebel, ich könnte dem Wetter hervorragende Metaphern für meine Gedankenwelt abringen. Klarheit wird nur die Reise bringen, denn das Ziel und der Weg sind der Weg und das Ziel.
Ein neuer Morgen bricht an. Es verspricht ein klarer, sonniger Tag zu werden.

Das Foto stammt von der kleinen Göttin. Vorzügliches Dankeschön!


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