„Dieses Jahr“, denke ich mir jedes Jahr, „schaffst du es, eine Liste mit allen Büchern, die du so liest, anzulegen und wenn du dann am Ende des Jahres Zeit hast, kannst du auch noch ein paar Zeilen dazu schreiben und eventuell ein paar Menschen glücklich damit machen, weil die dann auch tolle Bücher lesen können oder schlechte Bücher nicht lesen müssen!“ Es klappt natürlich nie, weil ich es ständig vergesse, Bücher einzutragen. Es gibt auch mindestens ein Buch, das ich vorgelesen (bekommen) habe, von dem ich den Titel jedoch leider wieder vergessen habe. Nach dem Klick auf „more“ dann trotzdem die unkomplette, löcherige Liste.
Jean Portante: Erinnerungen eines Wales
Luxemburgische Literatur liegt oft bei Radio ARA herum und wartet darauf, dass jemand sie mit nimmt, liest und rezensiert. Ich habe mir oft was mitgenommen, mit dem ich meine Bücherregale dann aufgefüllt habe. Anfang 2010 habe ich tatsächlich angefangen, die Erinnerungen eines Wales zu lesen. Da es um italienische Einwandrer_innen in Luxemburg geht, eigentlich das perfekte Buch, um mich ein wenig mit meinem eigenen „Migrationshintergrund“ zu befassen. Ich hab es irgendwann aufgegeben. Oder aufgeschoben.
Erich Kästner – Die Konferenz der Tiere
Auf dem Klo gelesen, im Januar in Luxemburg noch. Eigentlich sollte man dieses Buch mindestens im Jahr einmal lesen, es ist nämlich wunderbar und die Ideen darin sind gar nicht so unklug.
Elisabeth Rank: Und im Zweifel für dich selbst
Ein wundervolles Buch, das ein schweres Thema (Tod des Geliebten) behandelt und es trotzdem schafft, nicht in Tristesse zu verfallen. Ich habe es auf einer Zugreise in einem Rutsch gelesen, dazwischen nur ein paar kleine Pausen, in denen ich gedöst und von dem Buch geträumt habe. Das Buch hat mich mitgenommen, ich habe mich in verschiedenen Dingen wiedergefunden und Elisabeth Rank hat eine wundervoll mächtige Sprache, um die unausgesprochenen Dinge auszusprechen.
Hunter S. Thompson – Screwjack
Mein schönstes Buch vom Thompson ist eine sehr kleine Sammlung. Drei Geschichten vereint das Buch. Ich habe irgendwann bei der Suche nach Klolektüre festgestellt, dass ich eine der drei noch gar nicht gelesen hatte. Thompson begeistert mich immer wieder, die wunderschöne Aufmachung des Blumenbar-Verlages genauso.
Wolf Haas – Silentium!
Eine Studienkollegin, der ich meine Unkenntnis der österreichischen (Pop)kultur offenbarte, brachte mir Silentium! in die nächste Vorlesung mit. Wolf Haas schreibt österreichische Krimis. Silentium! spielt in einem katholischen Knabeninternat in Salzburg und war 2010 erstaunlich aktuell. Mir hat das Buch gefallen, ich habe schon länger keine Krimis mehr gelesen und die Abenteuer von Brenner sind durchaus witzig. Vielleicht sollte ich noch weiter in die österreichische Literatur eintauchen. Muss ja nicht gleich Bachmann sein.
Stephen Hawking – Eine kurze Geschichte der Zeit
Im Sommer 2005 habe ich eine Woche der Sommerferien bei meinem Onkel verbracht. Ich saß internetlos herum, habe eine Rockband gezeichnet und an einem Sci-Fi-Projekt namens „KAWASSOW“ gewerkelt. Die Idee dabei war, ein Sci-Fi-Universum per Wiki zu gestalten. Leider haben sich außer mir und einem Schulkollegen nie wirklich mehr Menschen dran beteiligt. Auf jeden Fall hat mein Onkel sich interessiert angesehen, was ich alles so geschrieben habe und gemeint, er habe da ein Buch für mich, sozusagen wissenschaftliche Grundlage. Und drückte mir Eine kurze Geschichte der Zeit von Stephen Hawking in die Hand. Es hat fünf Jahre gedauert, bis ich mich endlich dazu aufgerafft habe, das Buch zu lesen. Mein Verständnis von schwarzen Löchern, dem Weltraum und der Zeit hat sich vergrößert. Physik kann also auch interessant sein! Es müssen nur ausreichend Raumschiffe drin vorkommen!
Jack Kerouac – Traumtagbuch
Was der Herr Kerouac für wilde Träume hatte, davon kann ich nur träumen. Vor allem hatte et so viele, dass er ein Buch damit füllen konnte! Natürlich eine schwierige Lektüre, weil hinter Träumen nun einmal keine künstlerische Intention steckt. Vor allem mehrere kurze Träume am Stück sind anstrengend. Deshalb hab ich das Buch auch relativ schnell wieder aus der Hand gelegt und mir ein Buch mit rotem Faden vorgenommen, nämlich:
Jack Kerouac – Unterwegs
Kerouac und das große, weite Amerika. Mcih packt die Sehnsucht, wenn ich nur daran denke. Ich weiß gar nicht, wie ich das Buch beschreiben soll. Kerouac schafft es, die Unrast, die wohl die Seele jedes jungen Menschen bewohnt, in Wörter zu fassen. Gehört eigentlich in einen Literaturkanon. Und sei es nur der eigene. Bitte auch dieses großartige Zitat beachten.
William S. Burroughs, Jack Kerouac – Und die Nilpferde kochten in ihren Becken
Das „erste“ Buch von Burroughs und Kerouac! Das klingt sensationeller, als es wirklich ist. Andererseits ist es besonders, da die Beat-Generation ansonsten, soweit ich weiß zumindest, nie gemeinsam geschrieben hat. Die Idee ist gut: Jeder Autor schreibt aus der Perspektive einer anderen Person und die Handlung wird trotzdem mit jedem Kapitel vorangetrieben. Der Blickwinkel der Lesenden bleibt also genauso subjektiv wie die der Erzählfiguren. Was besonders bei der (realen!) Mordgeschichte, die hier erzählt und verarbeitet wird, wichtig ist. Mir fehlte ein ganz klein wenig die Radikalität, die besondere Sprache, die besonders die späteren Werke von Burroughs ausmachen. Trotzdem ist das Buch sehr gut. Ich habe mich selten so in einer Geschichte gefühlt als in Amsterdam, als ich im Bett liegend die letzten Seiten las, was sicher zumindest zum Teil an der Schreibe der beiden Herren gelegen haben muss.
Jack Kerouac – The Subterraneans
Auf Englisch in Amsterdam gekauft. Angefangen, beeindruckt gewesen, jedoch noch nicht fertig gelesen. Der Sommer 2010 war der der Beats, leider war er irgendwann vorbei.
Dossie Easton and Catherine, Janet Hardy – The ethical slut
Ich habe auf twitter nach Texten gefragt, die helfen, mit Eifersucht in polyamoren und anderen offenen (Nicht)Beziehungen umzugehen und habe The ethical slut als Antwort bekommen. Die Autorinnen führen langsam an das Thema heran und das Kapitel über Eifersucht hat mich persönlich weitergebracht, würde ich wagen zu behaupten. Das Buch will niemanden überzeugen oder bekehren und bietet Denkanstöße, die in geschlossenen Beziehungen genauso funktionieren wie in poly*-Konstellationen. Die Kapitel über Sex sind sehr erhellend. Mich hat ein wenig gestört, dass sehr oft von einer offenen Zweierbeziehung ausgegangen wird und andere Formen des Miteinanders eher am Rande erwähnt werden. Wobei das Jammern auf hohem Niveau ist, denn das Buch ist wohl der beste „Beziehungsratgeber“, den es gibt.
Das wäre es gewesen. Elf Bücher, davon einige noch nicht fertig gelesen, das ist keine sehr glorreiche Statistik. Ich bin nicht stolz auf mich. Klar, ich lese viele Blogs, aber ich habe vor, mein Einschlafritual wieder von „Serie“ auf „Buch“ umzustellen. Oder einfach öfters aktiv zu einem Buch zu greifen, anstatt mich mit twitter zu langweilen. Denn so kann das ja kaum weitergehen! Momentan erfreue ich mich an Murakamis 1Q84, freue mich aber über jeden Vorschlag, sei es neu, alt, französisch, englisch, deutsch oder ganz was anderes.
(Bild von hier, Quelle: Cornell University Library)
Hmmm … Hunter S. Thompson … das könnte eine gute Ergänzung zum Unabomber-Manifest sein für mich. Danke für den Tip.
Ich bin dabei einige Zeilen zu jedem meiner Bücher 2010 zu schreiben, und es ist echt ein langwieriger Prozess. Ich glaube, ich lasse Sachbücher, Kurzgeschichten und Gedichtbände sein, denn sonst werde ich den Post nie zu Ende schreiben.
(Meine ursprüngliche Idee zu jedem der Bücher ein Haiku zu verfassen habe ich längst verworfen.)
Danke für die Hinweise! Haas und Rank kommen auf meine “to read”-Liste, Hawking und Kerouac stehen dort schon länger drauf. Und “The Ethical Slut” hat diese Liste erfreulicherweise dieses Jahr verlassen…
tut gut, diesen blog nach langer Zeit wieder unter Augen zu riechen…
für die Wucht und Schönheit der Wörter
solidarische grüße!
d
Danke für die schönen Wörter!
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