Brutale Träume, die mich morgens mit weit aufgerissenen Augen aus einem eiskalten Bett aufstehen lassen. Mit zitterigen Händen koche ich mir Kaffee, den ich im ersten Sonnenschein des Jahres auf dem Balkon trinke. Der Wind weht durch die Krone der Kiefer im Innenhof und für einen kurzen Moment wähne ich mich am Meer. Das Blau des Himmels, für das es kein passendes Wort gibt, um es zu beschreiben. Und die Sonne, die mich fast verblendet. Fast rieche ich das Meer in der Ferne, statt der Donau. Melancholisch denke ich an Belgien, das, wie Pommern in dem Kinderlied, abgebrannt ist. Nur noch öde, verkohlte Landstriche, die nicht einmal zur Wüste taugen.
Ich bin auf einer Demonstration. Vielleicht ist es auch der kommende Aufstand, von dem man immer wieder hört. Ich stehe am Rand, auf der obersten von ein paar flachen Stufen, die zu einem Platz führen, auf dem ein weißes Hochhaus steht. Ein älterer Mann lächelt, winkt mich zu sich und begrüßt mich mit meinem Vornamen, auf Luxemburgisch. Ich kenne ihn nicht. Aus dem, was er sagt, lässt sich erkennen, dass er wohl einen früheren Lehrer von mir ist. Ich erkenne ihn nicht wieder, denke, dass er unglaublich gealtert sein muss in den paar Jahren. Er weiß offenbar, dass ich rauche (obwohl ich eigentlich ja überhaupt nicht …) und bietet mir Zigaretten, Parisiennes, an. Er grinst mich mit seinem unbekannten Gesicht an und wünscht mir Alles Gute.
Die Polizei will die Demo abriegeln. Ich will dabei sein, hetze die Stufe herunter, springe hinter das Absperrgitter, kurz bevor es geschlossen wird. Ich verstehe mich selbst nicht, aber das Ziel der Demonstration scheint mir wichtig zu sein. Ich vermute kurzzeitig, dass es wieder einmal gegen einen Ball in der Hofburg geht, vielleicht gegen den BOKU-Ball.
Wenig später finde ich mich mit einem Mädchen eingekreist von der Polizei. Ein Polizist schießt immer wieder Tränengasgranaten in unsere Richtung, trifft jedoch nie. Einmal landet die Granate, kreisrund und schwarz, vor meinen Füßen. Ich hebe sie auf und werfe sie in Richtung des Polizisten. Ich erkläre mir selbst, dass das äußerst gefährlich sei, sowas zu tun.
Durch die Papierkulisse, himmelblau, springt ein Fuchs. Ich streichele ihn, ziehe neckisch seinen Kopf nach oben und flehe ihn an, „chaos reigns!“ zu sagen. Irgendwer kommentiert, dass zwar in jedem Film von von Trier ein Fuchs vorkomme, aber dieser Spruch halt nicht immer.
Ich bin in einem Schloss. Wir beraten uns. Und stellen fest, dass die Situation untragbar ist und der einzige Ausweg ist, jemanden der anderen zu erschießen. Ich habe eine Waffe, jemand hat sie mir gegeben, weil ich ihn darum gebeten habe. In dem Raum, der ein wenig wie ein Hörsaal wirkt, warte ich auf eine Gelegenheit, um sie zu erschießen. Sie sieht mich an und ich weiß, dass ich ihr die Patrone in die Augen jagen muss. Sie sieht aus wie eine Mischung vieler weiblicher Personen mit roten Haaren, denen ich in meinem Leben begegnet bin. Und k., merkwürdigerweise. Ich drücke ab, aber es kommen nur Metallspäne aus dem Lauf. Sie muss blinzeln, funkelt mich böse an. Draußen, es ist ein Sommertag, muss ich mich auf die kleine Mauer stützen. Fast hätte ich einen Menschen getötet. Mechanisch führe ich ein neues Magazin ein, ich habe drei davon in meiner Jackentasche, warum auch immer. Ich verstehe mich selbst nicht. Fast hätte ich einen Menschen getötet. Niemand spricht mit mir, alle entfernen sich von mir.
Ich grabsche nach nackten Brüsten, die Frau, der sie gehören, erkenne ich nicht, wahrscheinlich ist sie unbekannt. Ich fühle mich brutal und schuldig.
photo Rolling Barren Land, near Karakul, Xinjiang : Kevin Cure / CC BY 2.0
photo riot police : Chris Huggins / CC BY 2.0