Verschimmelter Aufstrich

Kastor öffnete den Kühlschrank. Verschimmelter Aufstrich. Er war das Wochenende über nicht zu Hause gewesen und der Aufstrich hatte ihm das offenbar übel genommen. Seine Milch war auch verschwunden. Vielleicht hatte er aber auch nur vergessen, dass er sie leer getrunken hatte.
verschimmelter
„Das ist doch ein trauriges Leben, so zwischen verschwundener Milch und verschimmelten Aufstrich.“, dachte sich Kastor.
„Ich sollte einen Lesekreis gründen mit einer brennenden Stehlampe und einer Mikrowelle, in der Kinder gebraten wurden. Wir könnten gemeinsam ganz viel Lasagne essen.“
So etwas dachte Kastor oft, besonders in diesen grauen Wintertagen, die einfach nicht verschwinden wollten. Noch etwas Tee, noch eine Wärmflasche, noch einmal um die Häuser im Cottageviertel ziehen um dort herumstreunende Katzen zu streicheln. Bald würden die ersten Blumen den Frühling ankündigen und die große Müdigkeit würde kommen.
„Im Frühling gähnen alle Menschen, weil sie hoffen, dass ein Vogel sich in ihren Mund setzt.“, hatte seine Großmutter immer gesagt. Kastor hatte das nie geglaubt.

Jetzt stand er in seiner Küche vor dem summenden Kühlschrank, in dem der Aufstrich schimmelte und die Milch verschwand. Schneeregen schien vom strahlend grauen Himmel in den Innenhof, der viel trister nicht hätte sein können. Warum sollte Landschaftsplanung nochmals zugangsbeschränkt werden?

Dies war kein Wendepunkt in seinem Leben. Dies war einer dieser Tage, die in ihrer Zufälligkeit das Grundgefühl für sein Leben nährten. Er war versucht, eine Metapher mit „Boden“ und „Humus“ zu erfinden, aber es fiel ihm keine ein. Er schaffte es nicht einmal, seinen Aufstrich schnell genug zu essen, wie sollte er da sein Lebensgefühl in poetische Worte wickeln?

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