Umweltwahlprogramme der luxemburgischen Parteien – CSV

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In Luxemburg stehen Endes dieses Monats vorgezogene Neuwahlen an. Zu diesem Anlaß produzierte jede der neun wahlwerbenden Gruppen ein Wahlprogramm. Ich werde mir in den nächsten Tagen die Umweltaspekte aller Parteien und Gruppen anschauen. Den Anfang macht dabei die CSV, die christlich-soziale Volkspartei.
Die Reihenfolge der Artikel folgt dem Wahlergebnis der Wahl von 2009.

Das Wahlprogramm der CSV ist in acht Kapitel gegliedert, das umweltrelevante Kapitel ist E Lëtzebuerg mat Nohaltegkeet fir déi nächst Generatiounen (Ein Luxemburg mit Nachhaltigkeit für die nächsten Generationen) überschrieben. Interessanterweise sind die Titel des Wahlprogrammes auf Luxemburgisch, die Inhalte jedoch auf Deutsch.

Planung

Der erste Abschnitt heißt Séier a gutt plangen (Schnell und gut planen), was eine spannende Stoßrichtung vorgibt. Umweltpolitik ist in vielen Belangen Planungspolitik – schön, dass die CSV das erkannt hat. Die einzelnen Pläne, die überarbeitet und geschaffen werden sollen, werden benannt, aber nicht konkretisiert. Sätze wie

Wir werden in funktional wichtigen Räumen durch eine nachhaltige und regional abgestimmt Planung dafür sorgen, dass diese Räume sich dynamisch entwickeln können.

sind zwar Öl ins Feuer des Adjektivwahlkampfs, aber wirklich viel darunter vorstellen kann ich mir nicht. Funktional wichtige Räume sind wohl Luxemburg-Stadt und die Minetteregion, die sich „dynamisch“ entwickeln können sollen. Die Vermutung liegt nahe, dass hier nicht sonderlich auf Umweltaspekte eingegangen werden soll. Immerhin ist die Planung nachhaltig, nicht die Entwicklung. (Das zeigt aber vielleicht auch nur die Schwäche dieses Begriffes.)

Die Naturparks im Norden sollen fusionieren, im Müllerthal und im Südosten sollen zwei weitere geschaffen werden. Das ist, auch mit Blick auf die Kandidat_innenliste der CSV, ein spannender Plan. Auch die Schaffung der „Nordstad“ rund um die Region Ettelbrück/Diekirch will die CSV „zügig vorantreiben“. Hier gibt es sicherlich einiges zu tun, gerade im Bereich des öffentlichen Transportes.

Leider verpasst es die CSV, ihrem Planungskapitel wirklich Profil zu geben. Sektorielle Pläne sind sicherlich wichtig – ein gutes Umweltprogramm sollte in meinen Augen aber auch daran denken, dass Wohnen und Mobilität sehr stark zusammenhängen und gemeinsam geplant werden müssen.

Grenzüberschreitende Planungen werden auch im Abschnitt Plangen iwwer d’Grenzen eraus (Über die Grenzen hinweg planen) erwähnt, aber was sich die CSV darunter vorstellt, bleibt unklar. Ein Sekretariat der Großregion (Saarland, Rheimland-Pfalz, Lorraine, Wallonie, Luxemburg) will sie schaffen, ebenso wie gemeinsame Kabinettssitzungen. Gemeinsam Lösungen für den öffentlichen Transport erarbeiten ist offenbar keine Priorität für die CSV.

Wohnen
Das nächste Unterkapitel (Wunnen a Liewen – Wohnen und Leben) widmet sich der Wohnpolitik, es gibt nur einen kleinen Abschnitt zu energetischen Sanierungen, für die es einen Nullzinskredit mit staatlicher Unterstützung und kostenlose Energieberatung geben soll. Die CSV scheint das vor allem zu tun, weil sich damit Arbeitsplätze schaffen lassen.
Kein Wort über das Zusammenspiel von Transport, Arbeit, Freizeit und Wohnen. Kein Wort über Flächenversiegelung und Zersiedlung. Die CSV will allen Luxemburger_innen ihren Traum vom freistehendem Haus im Grünen lassen.

Verkehr
Sech sécher a séier beweegen (Sich sicher und schnell bewegen) will die CSV im nächsten Unterkapitel. Die CSV will die „ambitiöse Gesamtstrategie für eine nachhaltige Mobilität“, die sie in der vorigen Regierung erstellt hat, umsetzen. Ganz so ambitiös ist die Strategie („MoDu“) allerdings nicht. Sie ist im internationalen Vergleich eher lächerlich, wie ich vor einiger Zeit hier beschrieben habe. Das Positive: die CSV will in den öffentlichen Transport investieren – es handelt sich hier aber eher um Projekte, die bereits seit langer Zeit in Planung sind und nun endlich umgesetzt werden sollen, wie z.B. der Tram in Luxemburg. Neben dem Ausbau von Busnetzen und Park&Ride-Plätzen finden sich dann solche Ideen im Wahlprogramm der CSV:

Wir werden das primäre Straßennetz ausbauen. So wird der öffentliche Personen- Nahverkehr effizienter.

Nein! Wer das Straßennetz ausbaut, schafft mehr Verkehr (Maier, 1989, aber auch am Beispiel Ortsumgehungsstraßen sehr gut zu sehen). Wenn der Ortsverkehr nachlässt, werden Fahrten innerhalb eines Ortes attraktiver und damit öfter getätigt. Mit besseren Straßen steigt die Bereitschaft, längere Strecken auf sich zu nehmen. Das macht den ÖPNV nicht effizienter, sondern lässt ihn mitunter im Stau stehen.

Immerhin will die CSV auch das nationale Radwegenetz ausdehnen und „sanfte und alternative Mobilität“ fördern. Mit einem lächerlich wirkenden Maximalziel, wohlgemerkt. Der Rest des Kapitels befasst sich mit der Sicherheit – denn Mobilität, besonders in öffentlichen Verkehrsmitteln ist für die CSV etwas gefährliches, das möglichst von vielen Polizeibeamten begleitet werden sollte. Und mehr Überwachungskameras. Die haben zwar bisher so gut wie keine Erfolge gebracht, aber das löst sich sicher, wenn wir noch mehr von den Dingern aufhängen.

Umweltschutz
Als nächstes will die CSV Nohalteg plangen, eis Ëmwelt schützen (nachaltig planen, unsere Umwelt schützen). Revolutionäre Ideen kommen da auf, denn z.B. soll der Staat beim Einkauf darauf achten, „energiesparende, langlebige, abfallvermeidende und umweltverträgliche Produkte“ (Adjektivwahlkampf!) zu wählen. Und da kommt die CSV nach 68 Jahren (fast) ununterbrochener Regierungsarbeit drauf. Gratulation.

Eine hohe Biodiversität auf der gesamten Landesfläche ist die Grundlage für die Lebensqualität der zukünftigen Generationen.

Ich glaube, das ist mein Lieblingssatz im CSV-Wahlprogramm. Nicht wenn es der Wirtschaft gut geht, sondern wenn es viele verschiedene Mückenarten gibt, geht es dem Menschen gut. Hier wäre es spannend zu wissen, welche Art der Biodiversität die CSV meint, denn gleich danach ist wieder von der ökologischen Qualität von bewirtschafteten Grünflächen die Rede. Das Wort „Biolandbau“ kommt im diesem Zusammenhang jedoch nicht vor – im Wirtschaftskapitel über Landwirtschaft und Wein allerdings schon. Ein neues Waldgesetz will die CSV, mit Förderungen für den naturnahe Bewirtschaftung der Wälder. Wenn ich mich nicht grob irre, gibt es auch im aktuellen Waldgesetz schon solche Förderungen. Hier wäre es also spannend, was im Wald genau passieren soll, um „die Biodiversität“ zu fördern.

Klima

Wir werden als Industriestaat unsere Energiepolitik neu orientieren. Nur so erreichen wir das Klimaschutzziel einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 80 Prozent

Da wäre es jetzt nett, eine Referenz anzugeben. 80 Prozent ALLER Treibhausgasemissionen? Auf dem Niveau von 1990? Ab jetzt? Luxemburg hat seine Kyoto-Ziele unter CSV-Regierungen nicht erreicht. Jetzt wird natürlich alles anders, denn es gilt Arbeitsplätze zu schaffen durch den Ausbau von erneuerbaren Energien. Die CSV ist hier nicht gegen eine Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen, wie andere Parteien (Meinen Standpunkt dazu werde ich später erläutern, aber soviel sei gesagt: die CSV ist mir da zu unkritisch).

Mir scheinen die Versprechungen, sich an die internationalen Abmachungen zu halten, im Gegensatz zu den vorherigen Kapiteln zu stehen, wo vor allem so weitergemacht werden soll wie bisher, nur halt mit ein paar dieser merkwürdigen Elektroautos. Eine internationale Rolle will die CSV offenbar nicht spielen.

Die CSV fordert eine endgültige Schließung aller Kernkraftwerke weltweit. Bisher ist sie ja auch bekannt für ihren vehementen Einsatz gegen das bekannte Pannenkraftwerk Cattenom an der luxemburgisch-französischen Grenze. Oder so.

Fazit
Es bleibt wie es ist: große Sprünge wird die CSV mit ihrem Umweltprogramm nicht machen. Einige Dinge erscheinen mir eher noch kontraproduktiv zu sein, vieles wirkt wie wenig durchdachtes Buzzworddropping. Bürger_innenbeteiligung bei Planungen kommt nicht vor, die Verkehrsziele sind nicht ambitioniert, die Klimapolitik nennt zwar große Ziele, aber wenig konkrete Maßnahmen. Kurz gesagt: Die CSV hofft, dass sie grüne Konjunkturprogramme als Umweltpolitik verkaufen kann.

Themen, die fehlen: Biokraftstoffe, Abfallwirtschaft (Luxemburg produziert eine der größten Pro-Kopf-Müllberge innerhalb der EU), GMOs, Wasserqualität und -güte (auch hier gibt es große Defizite), Umweltmanagement (in Luxemburg sind sehr wenige Betriebe EMAS-zertifiziert), Feinstaub.

6 Kommentare “Umweltwahlprogramme der luxemburgischen Parteien – CSV

  1. Super Vorhaben. Ich hoffe dir läuft die Zeit nicht davon, bis zum 20. Oktober und du schaffst es alle Programme zu durchforsten.

    Mir missfällt an allen Programmen, die ich bisher gelesen habe, dass es kaum konkrete Aussagen gibt, und nur die üblichen Standardfloskeln wieder verwendet werden, besonders was Umweltthemen betrifft.

  2. Pingback: Umweltwahlprogramme der luxemburgischen Parteien – LSAP | enjoying the postapocalypse

  3. Wisou sortéiers du d’Parteien nom Resultat vun de Wahlen vun 2009 an net no de Lëschennummer? (nee, d’ass näischt gutt.)

  4. Pingback: Umweltwahlprogramme der luxemburgischen Parteien – Piratenpartei | enjoying the postapocalypse

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