Ich träume so gut wie nie oder erinnere mich nie an meine Träume, deswegen denke ich mir selbst welche aus …
Gleich nach dem Einschlafen gleite ich aus dem Bett. Oder vielmehr: durch das Bett. Ich sehe mich selbst darin, wie in einem glitzernden Spiegel aus bewegtem Leintuch, das entfernt nach Wasseroberfläche aussieht. Obwohl ich eigentlich in dem Zimmer unter meinem Fußboden (oder zumindest unter meinem Bett) schweben sollte, befinde ich mich im dunkelblauen Nachthimmel. Es ist noch nicht sehr spät, aber einige spitze Sterne sind schon aufgegangen. Der Mond ist aus irgendeinem Grund dreieckig und keine Sichel oder ein Rund. Ich kann darüber nicht staunen, immerhin wurde dem Mond in letzter Zeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Ich denke nicht darüber nach, dass ich eigentlich nicht schweben oder eine Art der Schwerelosigkeit erfahren sollte, obwohl ich bereits an mehreren Cafetischen geäußert habe, dass dies in solchen Situationen meine erste Priorität wäre. Ein wenig so, wie ich als Kind stets behauptet habe, ich würde nicht kreischen und um mein Leben bangen, rutschte ich eine comichafte Rutsche in eine Höhle, so wie es die Protagonist_innen der von mir konsumierten Zeichentrickserien stets und erstaunlich oft taten. Vielleicht tun die das ja auch nur, damit sich die zusehenden Kinder für mutiger halten können. Ich schwebe also, ohne viel nachzudenken, durch den immer dunkler werdenden Nachthimmel.
Am Dach ist eine kleine Plattform aus Stahl. Kleine metallene Quadrate bohren sich schmerzhaft in meine nackten Füße. Auf der Plattform (die es eigentlich überhaupt nicht gibt) stehen Menschen, vielleicht auch ein Fuchs auf zwei Beinen in einem Anzug (aber ohne Krawatte). Einer von ihnen ist möglicherweise ein ehemaliger griechischer Finanzminister. Ich bin zu scheu, um mich groß vorzustellen, hebe nur die Hand und mache eine müde Winkbewegung, um nicht zu große Aufmerksamkeit auf mich und mein fürchtliches underdressed-Sein zu lenken. Dennoch reicht eine der Gestalten mir eine Wasserflasche. Sie ist aus Glas, hat jedoch einen Drehverschluss aus Plastik, den ich nur mit Mühen öffnen kann. Auf der Flasche ist die chemische Zusammensetzung, beziehungsweise die gesunden und wichtigen Mineralstoffe, eingeprägt. Die Kohlensäure kitzelt mich an der Nase, als ich zum trinken ansetze. Obwohl ich die Prägung gesehen habe, bemerke ich erst beim Trinken, dass das Wasser einen sehr hohen Anteil an Magnesium enthält, was ihm einen metallischen Geschmack gibt, den ich sehr mag.
„Vielleicht solltest du einfach Leitungswasser mit rostigen Nägeln trinken!“, gibt eine der Gestalten zu bedenken. Ich antworte nichts, sondern trinke weiter das Wasser, das übrigens durchsichtig ist. Seit es Mineralwasser mit zugesetzter Vulkanasche (oder so etwas in der Art) gibt, das gänzlich schwarz ist, muss ich das ja extra erwähnen.
Während ich Wasser trinke, rauchen die Gestalten sehr dünne und sehr lange selbstgedrehte Zigaretten, deren Rauch ich nicht riechen kann. Vielleicht, weil die Kohlensäure immer noch so schön in meine(sic!) Nasenlöcher prickelt. Sie reden nicht, sondern sehen sich (und mich, was mich sehr nervös macht) nur gegenseitig in die Augen und nicken dann verständnisvoll. Ich bewundere das, weil ich es in diesem Moment für die bestmögliche Art der Kommunikation halte. Ich trinke mein Wasser und nicke, wenn ich besonders tief angesehen werde, ebenfalls, obwohl ich nicht weiß, ob ich es im richtigen Moment tue oder ob es angebracht ist. Ich ernte verständnisvolle Blicke, vielleicht verzieht sich sogar ein Mundwinkel zu einem Lächeln.
Zum Abschied ernte ich feste Händedrucke, zuletzt von dem Fuchs und der Gestalt, die eventuell ein ehemaliger griechischer Finanzminister ist.