Tsukuru Tazaki ist (wie die meisten Protagonisten Murakamis) ein mittelalter alleinstehender Mann, der sich für nichts besonderes hält. Er baut Bahnhöfe und war vor seiner Studienzeit Mitglied einer fünfköpfigen Clique, deren Mitglieder bis auf ihn alle Nachnamen mit Farbbezeichnungen hatten. 16 Jahre vor Beginn des Romans verstoßen ihn die anderen, nun will er herausfinden warum und macht sich, angestoßen von seiner neuen Freundin, auf die Reise und die Suche nach der Wahrheit. Dazwischen gibt es Rückblenden in die Jugend Tazakis, in denen immer wieder das Stück Années de pèlerinage – I. Suisse – 8. Le mal du pays von Franz Liszt eine Rolle spielt.
Immer wieder schwebt der magische Realismus, den Murakami z.B. in 1Q84 sehr geschickt eingesetzt hat, drohend über den Charakteren, aber er kommt nie zu tragen und bleibt in Träumen, Erzählungen und Andeutungen versteckt. Ich fand das etwas schade, denn die sprechenden Katzen und unterschiedlichen Dimensionen machten für mich immer einen Großteil des Reizes von Murakamis Werken aus. So bleibt halt der typische Rest: ein Mann auf der Suche nach sich selbst (ausnahmsweise wird nicht ständig die Größe seines Penis erwähnt), Frauen mit großen Brüsten (hier scheinen die spärlichen Erwähnungen eher der Kürze des Textes geschuldet) und die Erwähnung klassischer europäischer Musik, gemischt mit dem Alltagstrott. Liest sich unterhaltsam, ist aber nichts, was ich groß empfehlen würde.
[Triggerwarnung: Vergewaltigung] Was micht genervt hat, ist der Subplot mit der angeblichen/“erfundenen“ Vergewaltigung, die in der Fünferclique passiert sein soll. Die Personen handeln zwar erstmal mehr oder weniger richtig, sagen danach aber alle sehr problematische Dinge. Die Auflösung macht es ein in meinen Augen ein klein wenig besser, aber der Umgang mit dem Thema lässt ein sehr schlechtes Gefühl bei mir zurück.
Interessant fand ich die Ausführungen über Bahnhöfe und das wiederkehrende Motiv von Menschen mit sechs Finger. Allerdings vermisste ich einen größeren Hintergrund, wie beispielsweise die Sekte in 1Q84.
Fazit: Vielleicht doch lieber „Kafka am Stand“ lesen, wenn es was von Murakami sein soll.
Funfact: Der Roman war auf der Shortlist für den „Bad Sex in Fiction Award“
Das Buch beim Verlag, bei dem auch das Copyright für das Cover liegt.