Aérogareportdrome I

Ich träume so gut wie nie oder erinnere mich nie an meine Träume, deswegen denke ich mir selbst welche aus …

AerogareportdromeI

Ich stehe auf einem Busbahnhof, der gleichzeitig auch ein Flughafen ist. Ich muss durch einige Kontrollen. Eine davon scheint in einem Glas- oder Spiegellabyrinth zu bestehen. Ich habe mein Gepäck schon abgegeben, dabei aber Handgepäck und Koffer vertauscht, deswegen muss ich nun einen kleinen Rollkoffer hinter mit herziehen. Natürlich eckt der kleine Koffer ständig an den unsichtbaren Wänden, durch die ich mich leise tasten muss, während um mich herum alles aus weißem Kunstmarmor ist. Ich bin sehr schlecht darin, den Weg zu finden und stoße mir einmal sogar den Kopf. Als ich endlich das andere Ende des Raumes erreiche, werden meine Papiere von einem Computer kontrolliert. Ein kleines Hinweisschild macht auf 34 Sprachen darauf aufmerksam, dass Menschen nicht sorgsam genug kontrollieren, deswegen muss ich meinen Pass, mein Ticket, meine Geburtsurkunde und den Nachweis über meine Lebendigkeit auf eine Art Scanner legen, der hell aufleuchtet. Dann erscheinen die eingescannten Dokumente auf dem Bildschirm, allerdings in Schwarz-Weiß.

Ich habe im Internet gelesen, dass der Computer meine Papiere gar nicht selbst überprüft. Das machen Menschen in Billiglohnländern in Internetcafés. Sie bekommen nur wenige Cent pro überorüftem Papier, deswegen sind die Kontrollen nicht sehr genau und eher oberflächlich. Das wusste bisher aber niemand, was kriminelle Überlistungsversuche auf ein Minimum gesenkt hat. Nun werden alle Dokumente doppelt überprüft, was laut der Flug- und Bussicherheitsbehörde „sicher genug“ sei. Nach und nach werden meine Dokumente in Farbe auf dem Display angezeigt und gelten damit als überprüft. Der Computer zeigt einen lachenden Smiley an und wünscht mir mit einer mechanischen Stimme einen guten Flug und/oder eine angenehme Busreise.

Ich stelle mich und den kleinen Rollkoffer, der aufmunternd piepst auf ein Rollband. Vor mir stehen ebenfalls Menschen auf dem Rollband, neben mir laufen weitere Rollbänder, auf denen ebenfalls Menschen stehen. Gemeinsam fahren wir durch einen weißen Tunnel, auf dessen Decke wichtige Informationen projiziert werden. Oder das, was für wichtig gehalten wird: In erster Linie beräuchert sich der Flughafen, der zugleich auch ein Busbahnhof ist, selbst. X Millionen Passagiere. X Prozent haben am Feedbackgerät den lachenden Smiley gedrückt. Noch kein Unfall dieses Jahr. Flüssigkeiten bitte in unöffenbare Plastikbeutel verschließen und in den Schacht für die Müllverbrennungsanlage werfen. Flug XY hat leider fünf Minuten Verspätung, als Entschädigung wird allen Passagieren eine kleine Tafel Schokolade gereicht. Ich ertappe mich bei dem Wunsch, mein Flug und/oder meine Busreise möge sich doch verspäten, damit ich mich ebenfalls mit einer Tafel Schokolade abspeisen lassen könne. Mein Koffer piepst tadelnd.

Das Rollband scheint nicht enden zu wollen.

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