Aérogareportdrome III

Ich träume so gut wie nie oder erinnere mich nie an meine Träume, deswegen denke ich mir selbst welche aus …

AerogareportdromeIII

Ich befinde mich nun in einer dunklen Röhre, die zu meinem Gate führt. Nachdem ich eine halbe Minute damit verbracht habe, zu Blinzeln, merke ich ich, dass es gar nicht so dunkel ist. Kleine weiße LED-Lampen am Boden zeigen den Weg. Ich empfinde die ansonsten absolute Dunkelheit jedoch als leicht bedrohlich. Auf jeden Fall zeigt das meine erste Reaktion: Unweigerlich ziehe ich meinen dumpf vor sich hin summenden Koffer etwas näher an mich und beschleunige meine Schritte. Kein Rollband zieht mich mehr einem unsichtbaren Ziel entgegen, ich bin nun auf mein selbst gestellt.

Die Reisenden, die mit mir vom Rollband gesprungen sind, scheinen wesentlich länger zu brauchen als ich, um den Weg durch die Röhre zu finden. Oder aber sie haben sich beim Absprung vertan und müssen noch eine Runde mit dem Rollband fahren (Ich glaube mich daran zu erinnern, dass es im Kreis fährt und eine Rundfahrt ungefähr vier Stunden dauert, manchmal aber auch nur zwanzig Minuten). Ich kann mich nicht um sie kümmern, denn vor mir liegen noch einige Kontrollen, wie ich mit dunkler Vorahnung vermute.

Ich trete gegen eine schwarzen Plastikball. Ich schau nach oben und sehe ein graues Stück Beton und erkenne so, dass die dunkle Röhre mit vielen Tausend kleinen schwarzen Plastikbällen ausgekleidet ist. Das soll wohl ein Schutz gegen den Flugzeuglärm sein. Es scheint zu wirken, denn ich höre keine Flugzeuge starten oder landen. Ich hebe den Ball auf und halte ihn in der einzigen freien Hand, um ihn am Gate an eine_n der freundlichen Mitarbeiter_innen des Flughafens, der gleichzeitig auch ein Busbahnhof ist, zu übergeben. Oder einem Serviceroboter, denn menschliche Angestellte scheinen rar zu sein und vor allem in den Warteeinheiten der Comfort-Klassen anzutreffen zu sein. Ich halte den Ball, als sei er mein Ticket, das ich pflichtbewusst in meinen Pass gelegt habe und in meiner Tasche trage.

In mir regt sich der Impuls, nervös nachzusehen, ob das stimmt. Bevor ich eine hektische Bewegung machen könnte, gibt mein Koffer ein etwas lauteres, beruhigendes Summen von sich: Es ist noch alles da, keine Sorge. Ich atme dennoch erleichtert auf, schließe beide Augen in einem verlängerten Blinzeln. Als ich die Augen wieder aufschlage, stehe ich in einem Raum, dessen Wände, Decken und Boden in kleinen senfgelben Fliesen gekachelt ist. Ein Mosaik aus leicht helleren, aber immer noch senffarbenen Kacheln verrät: Dies ist die Zollkontrolle.

„Haben Sie etwas zu verzollen?“ werde ich gefragt. Noch bevor ich den Mund aufmachen kann, piepst mein Koffer. Es klingt entrüstet, als ob er voller enttäuschter Empörung darüber wäre, dass die Regierung mir zutrauen würde, sie ihm ihre gesetzlich zustehenden Zollgebühren prellen würde. Ich verneine die Frage dennoch nochmal, obwohl der Zollbeamte bereits den Kopf schüttelt und mit mit einem leisen Grinsen seinen Kopf in Richtung Ausgang nicken lässt.

Ich bin fast am Ziel: das Gate ist laut einer handschriftlichen Kreidetafel nur noch fünfzehn Minuten entfernt. Rechts und links von mir öffnen Fastfoodrestaurants ihre Türen und winken mit duty free-Angeboten.

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