Keine Antworten.

snowing vienna photo by whiteout_box
„Und, wie geht‘s dir damit?“, werde ich gefragt und muss mit einem leeren Blick antworten.
Ich weiß nicht, wie es mir damit geht. Vor allem, weil „damit“ ein Wirrwarr von ungefähr 10.000 verschiedenen Dingen sind, die ineinander verwoben und miteinander verstrickt sind. Ich kann sie nicht entwirren, nicht nach dieser Woche, die definitiv zu anstrengend für meinen Geschmack war. Ich war seit Jahren nicht mehr verliebt, aber da fragt mich niemand, wie es mir damit geht. Die Antwort wäre übrigens genau die gleiche: „Ich weiß es nicht.“

Nichtsdestotrotz denke ich darüber nach. Über beide Fragen.
Ich sitze drinnen, draußen fängt es an zu schneien und ich habe Zeit zum Nachdenken. Das ist schön, das mag ich am Winter, wenn ich drinnen sitzen kann und es draußen schneit und aber noch nicht dunkel ist. Oder den Weg vom Café zur Straßenbahn, da darf es auch ruhig etwas schneien. Der Schnee lenkt ab, der Schnee fragt nicht, wie es mir damit geht, dass ich mich schon ewig nicht mehr verliebt habe (Oh, habe ich das nicht gerade dem Rest der Welt vorgeworfen?). Allerdings wird er auch wieder zur Hälfte schmelzen und sich zur anderen Hälfte mit Hundekot, Reifenabrieb und den festeren Teilen von Autoabgasen zu einer grauen Masse verwandeln, die unsere Städte bis Mitte April nicht verlassen wird.

Ich finde keine Antworten, auch in der Straßenbahn nicht. Dort beschäftigt mich eine ganz andere Frage. Jene nämlich, was ich noch einkaufen sollte. Ich weiß ganz genau, dass ich etwas auf die Einkaufsliste in meinem Kopf notiert habe, aber ich weiß nicht mehr, was es war. Und so schlau, die Einkaufsapp zu verwenden, war ich natürlich nicht. Ich kann nicht aus dem Fenster auf den fallenden Schnee schauen, weil die Straßenbahn voll ist und ich an der Stelle des Gangs stehe, die keine Fenster hat. Nichtsdestotrotz versuche ich, per twitter an eine Antwort zu kommen, aber selbst dieser Versuch scheitert. Nun sind es schon drei Fragen, auf die ich keine Antwort weiß. Ich kaufe zwei Dosen Tomatengatsch (das ist die gängige umgangssprachliche Bezeichnung für passierte Tomaten), Kekse, Chips, Nudeln und noch etwas, das ich wieder vergessen habe, das aber dafür sorgt, dass mein Einkauf nicht so aussieht, als hätte ich einfach irgendetwas eingekauft, um das an meiner Großhirnrinde nagende Gefühl, doch noch etwas einkaufen zu müssen, loszuwerden.

Der Schnee fällt weiter, aber er wird nicht liegen bleiben. Nichtsdestrotzdem finde ich das für einen kurzen Moment ganz in Ordnung.

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2 Kommentare “Keine Antworten.

  1. ja, dazu fällt mir Rilke ein:

    Es handelt sich darum, alles zu leben.
    Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
    ohne es zu merken,
    eines fremden Tages
    in die Antworten hinein.

  2. Pingback: Ohne Fackel | enjoying the postapocalypse

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