Als ich meine eigene Metapher entschlüsselte.

„Wieso schweben da zwei Baseballschläger in der Mitte des Raumes?“, fragt die Person, die ich einst Ruth nannte. In einem Tonfall, der mir unmissverständlich klar macht, dass es vor allem darum geht, sich mit der Art der Frage über mich lustig zu machen.
„Ich weiß es auch nicht. Ich weiß nicht einmal, warum du einen Baseballschläger dabei hast. Du bist ja nicht die Person, die wütend ist. Das sollte doch ich sein.“
Mein Gegenüber
grinst, das Grinsen friert auf ihrem Gesicht, dann entspannt sie ihre
Mimik und blickt mich wieder mit dem gleichen ernsten Blick an, den
sie spätestens seit wir im Porzellanladen sind, aufgesetzt hat.
„Oh,
ich sollte nicht wütend sein? Ich sollte nicht auf Porzellan
eindreschen wollen, bis nur noch Staub übrig ist? Als hätte ich
nicht gute Gründe, um genau so wütend so zu sein!“
Der
Tonfall ist aber nicht wütend. Die Person, die ich einst Ruth
nannte, spricht in einer ruhigen, salbungsvollen Stimme, die mich
umso mehr trifft. Natürlich hätte auch sie allen Grund, wütend zu
sein, so wie …
Ich stocke. Da ich nicht laut spreche, kommt es mir überaus theatralisch vor, den Satz an dieser Stelle zu stoppen. Was passiert eigentlich in meinem Hirn, wenn ich nicht denke? Ich erinnere daran, dass es jahrelang mein erklärtes Ziel war, Momente zu finden, in denen ich nicht denken muss. Ich habe seitdem mehr Möglichkeiten entdeckt, wie diese umgesetzt werden können, aber ich fürchte mich immer noch vor der Stille zwischen Buch, Film, Serie und Einschlafen. Ich fürchte mich davor, alleine in einem Zelt an einem See aus einem Alptraum aufzuwachen und nicht wieder schlafen zu können, bis der Morgen graut.
Ich erinnere mich, den Sonnenaufgang nach genau so einer Nacht fotografiert zu haben, für eine Person, die ich nach P. kennengelernt hatte. Seit der ersten schlaflosen Nacht meines Lebens habe ich mich nicht davon erholt, dass ich eigentlich ständig Angst davor habe. Auch lustig für einen Menschen, der eigentlich ständig müde ist. Mir ist letztens eingefallen, dass ich so viel über P. nachgedacht habe, dass ich alle Begegnungen danach beinahe verdrängt hätte. Und dann möchte ich eine Wertung setzen, aber ich verbiete es mir selbst.
Mir fällt wieder ein, warum ich den Baseballschläger eigentlich dabei hatte. Ich weiß wieder, warum ich alles kurz und klein hauen wollte. Und auch, warum die Person, die ich einst Ruth nannte, es mir gleich tun wollte – oder ich ihr? – ist absolut verständlich. Die Metapher ist so naheliegend, so wenig gefinkelt, dass ich sie vor mir selbst versteckt habe. Etwa so, wie wenn mein Traum-Ich ein schlechtes Wortspiel in Szene setzt.
„Ich war wütend
auf mich selbst.“, antworte ich, endlich, nach viel zu langer
Zeit.
Einer der Baseballschläger fällt runter, auf die
Decke.
Nichts zerbricht.
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