Die Proklamation

Als ich an einen Sommerabend dachte.

Ein Sonnenuntergang.

Kennt ihr das, wenn ihr euch Monate später noch fragt, wer an einem Abend eigentlich mit wem geflirtet hat und was da theoretisch alles hätte passieren können? Ich bin ja ein wenig besser darin geworden, zu merken, wenn Menschen mich anmachen. Und auch ein wenig besser darin, Menschen so anzumachen, dass es nicht völlig platt und auch nicht so subtil ist, dass sich irgendwann alle Beteiligten fragen, was denn da jetzt eigentlich passiert ist.

Wir haben Dosenbier getrunken und die Seele baumeln gelassen. Und alles, was sonst noch passiert ist, ist meine nachträgliche Nostalgisierung, Schönfärbung und sonstige Verzerrung. Glaube ich zumindest. Oder möchte ich glauben, weil sonst mein Glaubenssystem ins Wanken gerät und ich mich neu ausrichten müsste.

Vielleicht reizt mich diese Ungewissheit auch. Irgendwo im Meer der Unendlichkeiten existiert eine Wirklichkeit, in der dieser Abend anders verlaufen ist, in dem ich nicht noch auf diese Party bin und dann halt „irgendetwas“ passiert ist. Die Vorstellung ist schön, denn sie gibt mir die Sicherheit meiner eigenen, stabilen Realität und gleichzeitig die Möglichkeit der Unmöglichkeit, die ich mir nicht einmal genauer ausmalen will, weil sie zu unfassbar wäre, zu viele Grenzen einreißen würde, die seit zu langer Zeit stehen.

Und an dem Tag, an dem ich das Gefühl hatte, der Sommer beginnt, an dem Tag, an dem ich die perfekte Duschtemperatur erreichte, stehe ich hier und halte mein Banner in die Höhe und proklamiere, auf dass es für die Ewigkeit festgehalten sei: Ich sehne mich nach einem Dosenbier am Kanal.


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