Als ich über „soziale Netzwerke“ sinnierte.

Mich macht alles so wütend. Dinge, die mich nicht so reizen sollten, weil es doch eh immer das gleiche ist: Menschen auf „sozialen Netzwerken“ verbreiten Quatsch, oder was ich für solchen halte und ich möchte gleich losschreien. Oder auf Google scholar drei Paper suchen, die sie widerlegen. Was soll das bringen? Ich kann ja nicht einmal Menschen von Dingen überzeugen, die mir wirklich wichtig sind.
Ich habe ein schlechtes Gewissen, ich denke über die spätere Auffindbarkeit dieser nervigen Debatten nach und dann sehe ich schon wieder was, worüber ich mich stundenlang aufregen könnte. Manchmal schreibe ich gehässige Antworten, führe aus, warum Menschen Unrecht habe, und schicke sie dann nicht ab. Oder lösche sie gleich danach wieder. Da komme ich mir immer besonders erwachsen dabei vor. Ich möchte das nicht mehr, aber ich kann mich auch nicht davon lösen.
Meistens übe ich mich in Zurückhaltung, und beschränke mich darauf, möglichst viel Quatsch zu twittern, über die Musik die ich gerade höre, über das, was ich gerne essen würde, über das Wetter und welche nervige Facebook-Werbung ich erhalten habe. Zum Glück gibt es dann auch die guten Momente, in denen irgendwer etwas lustiges schreibt, über das ich den ganzen Tag lang lachen muss. Oder Katzenvideos. Oder Hundebabys. Oder Dinosaurier, die ganz anders aussehen als sie es in den Büchern aus meiner Kindheit taten. Manchmal gibt es auch Feedback zu den Texten hier, das ist auch immer schön.
Was würde passieren, wenn ich alle entfolgen, entfreunden, blocken würde, die mich an einem Tag wütend machen? Wäre das der Beginn der sagenumwobenen Echokammer, der Filterblase, in die keine störende Information mehr dringt? Unmöglich, denke ich, weiß ich, glaube ich die Gewissheit zu haben.
Vielleicht haben die Leute, die mich wütend machen, ja Recht. Vielleicht wird bald alles gut, vielleicht sind die Dinge gar kein Problem, vielleicht waren diese Dinge unfair. Ich möchte mich in der Ungewissheit baden und ihren Fichtennadelduft inhalieren, aber ich kann nicht.