Als ich herumfuhr und Leute ansah.

In dieser Stadt fahre ich gerne U-Bahn. Eigentlich bin ich ja immer gerne U-Bahn gefahren, aber irgendwann verliert es seinen Reiz, wenn eins das jeden Tag tut, oder in der Früh tun muss, oder der Weg zu lang ist oder nach der U-Bahn-Fahrt noch eine schier endlose Busfahrt kommt oder sonst halt irgendetwas stört. Hier bin ich ja immer nur zu Freizeitzwecken und jede Fahrt scheint mir in Ordnung zu sein. Die Stadt bekommt das mit dem Mobilfunkempfang unter der Erde nicht hin, also schaue ich nicht auf mein Telefon, sondern auf die Menschen.
Vielleicht liegt es an der Stadt, oder lediglich daran, dass eins sich gegenübersitzt, aber mir fallen die Menschen immer wieder auf. Ich mag es, sie anzusehen – nicht zu sehr, um nicht zu starren – und ihre Outfits zu bewundern. Ich könnte natürlich abschätzig behaupten, es würden hier alle irgendwie gleich hipstrig aussehen, aber ich wüsste nicht einmal, woran ich diese Behauptung denn wirklich festmachen würde.
Die Person mit dem schwarzen kleinen Hund, an der alles so abgestimmt aussieht: die spitzen Schuhe, die sie offen trägt, die lackierten schwarzen Fingernägel, der goldene Schmuck an den Händen. Die andere Person, die mir gegenübersitzt, mit dem unbestimmbaren Gesicht und der kurzen blondbraunen Frisur, gemütliche Sneaker (oder sind das schon richtige Laufschuhe?), schöne Socken und eine dieser Jacken, von denen ich nie weiß, ob die nur nach Skiexpedition aussehen oder auch so warm sind.
Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mir Geschichten für all diese Menschen ausdenken, würde die Wörter lernen, die ihre Kleidungsstücke genau beschreiben. Dann kommt meine Haltestelle und ich muss mich mit der Kälte der Oberfläche auseinandersetzen.