Die Tomate

Als ich die erste Tomate aß.

Langsam zieht sich der Himmel zu. Ich sitze wieder in dem Liegestuhl, lese diesmal wirklich ein Buch, neben mir steht eine kalte Flasche Bier, die ich vor allem deswegen trinke, weil sie im Kühlschrank stand. Kleine Wassertropfen kondensieren an ihrer Oberfläche. Ich wünschte, ich würde nicht so schwitzen, sondern die Luftfeuchtigkeit würde an mir kondensieren. Ich stelle mir vor, wie es wäre, meinen Kopf mit dem eiskalten Wasser aus dem Gartenschlauch zu übergießen, als wäre ich eine der Tomaten, die langsam heranwachsen.

Vincent steht auf dem Waschbecken in der Sonne. Ich hoffe, dass es ihm gut geht, ich kann es nicht so wirklich sagen. Nun, da er einen Namen hat, würde es mir das Herz brechen, wenn er eingeht. Ich versuche krampfhaft, nicht an die Pflanzen zu denken, die ich in Wien zurückgelassen habe. Vielleicht hat sich jemand ihrer angenommen. Von allen Dingen, die an diesem Tag schief gingen, bereue ich das am Allermeisten.

Später, als ich gieße, weil die Wolken zwar eine kurze Linderung von der drückenden Sonne, jedoch keinen Regen brachten, vergesse ich meinen Vorsatz, mir den Kopf völlig nass zu duschen. Stattdessen pflücke ich die erste Tomate der Saison, teile sie in vier Teile und esse zwei davon. Sie schmeckt beinahe so gut, wie ich mir es vorgestellt habe, als ich vor Monaten die Setzlinge in den Boden pflanzte. Ich kann mich noch daran erinnern, es getan zu haben, es anstrengend gefunden zu haben, aber sonst weiß ich keine Details mehr.

Das Gefühl ist ähnlich wie zu Beginn von dem allem, als ich das Schiff als Metapher wählte. Eine merkwürdige Nostalgie, vermutlich ausgelöst durch die Isolation, die sich seit einer Woche wieder realer anfühlt. Alles ist so träge wie die Wolken, die sich langsam über die Sonne schieben.

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