Der Waldboden

Als ich meinen Tränen nachweinte.

Ich gieße die Tomaten in der bereits weit fortgeschrittenen Dämmerung. Mir fallen mindestens zwei Situationen ein, in denen ich als Kind grundlos weinen musste. Ich weiß nicht, was damals los war, ob sich irgendwer Fragen gestellt hat oder ob es vielleicht doch einen Grund gab, der mir nicht aufgefallen ist. Ich gieße nur die Tomaten, weil es schon spät ist und es in der Nacht ohnehin regnen sollte. Es ist schon spät, und ich traue den Wetterberichten nicht mehr.

Irgendwo habe ich gelesen, dass sie schlechter geworden sind, weil weniger Flugzeuge unterwegs sind. Das klingt so merkwürdig, und doch scheint es wahr zu sein. Ich stelle mir eine Zukunft vor, in der es einfach mehr Wetterballons gibt, weil wir alle weniger fliegen.

Ich habe schon so lange nicht mehr geweint, dass ich mich kaum noch erinnern kann. Zumindest nicht, wann es aus echter Traurigkeit heraus war. Ich vermisse es. Die Sonne ist am Horizont kaum noch zu erahnen, die Nacht legt ihr Flügel um mich.

Ich war im Wald, endlich wieder. Ich stelle mir vor, dass ein unbedeutender Teil meines Körpers, eine abgestorbene Hautschuppe oder ein ausgefallenes Haar, immer noch im Wald liegt, oder in dieser Wiese, die ich so mag. Egal wie viel ich mitnehme, immer lasse ich auch etwas zurück. Und die Mikroorganismen im Waldboden zersetzen meine abgestorbene Hautschuppe, die sich so in den ewigen Kreis fügt.

Die Tomaten sind gegossen, nicht mit meinen Tränen. Und im Wald liegt ein Teil von mir, das ich niemals zurückkriege.

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