Als ich vom Anisgeschmack träumte.

Ich setze mir eine Deadline und dahinter eine extrinsische Motivation, sie auch einzuhalten. Das funktioniert merkwürdigerweise sehr gut. Bei Anisgeschmack muss ich immer an Marseille denken, an den Gesang der Zikaden, der den ganzen Tag nicht abklang. Es ist vergleichsweise ruhig im Garten, im Schatten der Laube, unter dem Wellblech. Das ist meine Perspektive für den Sommer, mein Ausblick, falls ich nicht noch einen besseren finde.
Im Radio läuft eine merkwürdige Sendung, die mir vollkommen absurd vorkommt. Sie erklären die ganze Zeit lang nicht, wer da über Musik redet und Dinge vorspielt und warum der Mensch so merkwürdig dabei singt. Es ist irgendwie amüsant, vor allem aber verwirrend. Als ich den Salat anrichte, hat das Programm gewechselt und ein Orchester spielt dramatische klassische Musik, während ich die rosa Salatlöffel schwinge.
Alle reden davon, dass es bald schon wieder vorbei ist, und ich höre in ihren Stimmen die Angst vor dem Herbst, vor dem Blätterfall, vor dem, was da kommen mag. Die große Dunkelheit, gegen die ich mich Jahr für Jahre wehre, ohne je zu wissen, ob ich noch stark genug bin. Ich will nicht daran denken, noch nicht. Ich möchte noch ein paar Wochen in Ignoranz der Tatsachen vor mich hinleben, bevor ich wieder Socken tragen muss.
Es gibt da ein Loch, das ich nicht zu füllen weiß. Vielleicht ist das, was ich „ich“ nenne, auch nur der Rand.