Das Ritual

Als ich Tee trank.

Ich sitze im Liegestuhl, aber es ist nicht mehr so, wie es im Sommer war. Der Himmel und der Betonboden haben die gleiche Farbe. Ich habe Tee dabei, er hat diese rotbraune trübe Farbe, die ich so mag.

Ich muss daran denken wie ich vor vier Jahren an einem kalten Herbsttag auf dem Balkon saß und als einziges Mittel gegen all mein Selbstmitleid eine Tasse mit genau so einem milchigen Tee mithatte. Ich weiß noch genau, wie sich das trockene Laub anfühlte, das aus den Ritzen des hölzernen Bodenbelags zog. Und wie hoffnungslos sich das Grau des Himmels anfühlte, während ich nur darauf wartete, angenieselt zu werden.

Egal wie sehr ich mich anstrenge, ich werde nie die Hoffnungslosigkeit von damals spüren. Zum Glück. Ich fühle das Gefühl, die Stimmung, das merkwürdige Licht, die Hitze des Tees, der Kontrast mit der Lufttemperatur, der kalte Wind, das Kribbeln in den Fingern – und dennoch ist es nur ein Ritual, das ich abhalte, ein Passionsspiel.

Ich ziehe die Kapuze hoch und leide still vor mich hin. Der Tee wärmt.

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