Die Argumente für Blogs

Als ich mir Gedanken über Informationsweitergabe machte.

Als ich heute zwei Links in meinen Entwurf für den nächsten weekend reading-Eintrag einfügte, fiel mir auf, dass beide Twitter-Threads waren. Ich mag das Format zwar, aber ich find es gleichzeitig sehr unbehaglich, denn es sprechen einige Argumente dafür, solche längeren Texte nicht als Kette von Tweets, sondern als Blogpost zu verbreiten. Ich habe dann – ironischerweise – einen Twitter-Thread über dieses Thema verfasst. Hier dann der Blogpost dazu.

Wann haben wir eigentlich kollektiv entschieden, dass Informationen am besten als Twitter-Thread oder Instagram-Powerpoint verbreitet werden? Ich weiß, boomer, alt, uncool, aber es gibt ca. eine Million Gründe, wieso ein Blogtext besser wäre.

Ein Beispiel wäre Accessibility. Insta-Storys sind Bilder. Die kann kein Screenreader vorlesen. Und der tolle Twitterthread ist ganz schnell ein Screenshot auf Facebook. Kann mir außerdem vorstellen, dass Twitter sich nicht so angenehm anhört wie ein längerer Text, weiß das aber nicht.

Lesbarkeit ist auch ein Teil von Accessibility. Ich weiß, wir wollen alle kreativ sein und hübsche Insta-Storys sind ja auch nett. Aber reiner Text (nicht ein .jpg .png oder instastory) kann vergrößert werden, der Browser kann im Darkmode benutzt werden, der Text kann sogar auf einem eReader angezeigt werden.

Archivierbarkeit: Glaubt ihr wirklich, eure Insta-Storys sind in fünf Jahren noch verfügbar? In Zehn? Wollt ihr in dem Punkt wirklich von Marc Zuckerbergs Laune abhängig sein? Natürlich ist es immer möglich, ein Backup anzufragen, aber im Endeffekt ist es beim Blog einfacher, im schlimmsten Fall lassen sich ganze Texte viel leichter copypasten.

Hyperlinks: Da ist besonders Instagram schlimm. Links gibt es nur für special Accounts mit vielen Followis, ansonsten heißt es „Link in Bio“, wofür dann wieder ein Drittanbieter benutzt werden muss, wenn mehr als ein Link angezeigt werden soll. Das ist zwar ein netter „Hack“, aber der ist vor allem anstrengend. Twitter hingegen setzt „nur“ eigene Shortlinks. 🙃
Die eigenen Shortlinks von twitter heißen, dass diese selbst dann nicht mehr funktionieren, wenn es in einer hypothetischen Zukunft zwar kein Twitter mehr gibt, irh aber ein off-site-Archiv eurer tweets habt. Oder, schlimmer, dass twitter die Links manipulieren könnte.

Abo-Funktion: Wir regen uns alle über den Algo und nicht-lineare Timelines auf. Mit Blogs wurden RSS und Atom erfunden. Das sind „Feeds“, die über Apps/Programme/Websites abonniert werden können und linear funktionieren. Diese Feedreader sind leider rar geworden, seit Google seine App eingestellt hat. Das freie Mailprogramm Thunderbird hat das aber immer noch eingebaut, und auch sonst gibt es Software.

Kommen wir zum Elefanten im Raum, den schon viele angesprochen haben: Reichweite und Bequemlichkeit und auch Share-/Reaktionsmöglichkeiten.

Da verlieren in der aktuellen Situation Blogs haushoch, weil Insta/Twitter normalerweise mehr Reichweite bedeuten, auch weil das Publikum halt da ist und nicht das Netz nach Blogs durchsucht. Ich hab dafür keine gute Lösung, nur die Warnung, dass es mit der Reichweite auch schnell vorbei sein kann (shadowban usw.) und die Firmen halt auch null Accountability diesbezüglich haben .

Mein Vorschlag wäre, vorerst zumindest die wichtigsten Threads/Stories in einem Blog zu backuppen. Und in Zukunft gemeinsam ein Ökosystem zu bauen, dessen primäre Funktion nicht ist, uns Werbung zu verkaufen bzw. unsere Daten zu verkaufen.

Impressumspflicht bei Blogs ist (vor allem in Deutschland) leider ein leidiges Thema, das viele Leute davon abhält, ein Blog zu haben. Ich kenn mich damit leider nicht gut aus, könnte mir aber vorstellen, dass es auch hier Lösungen (z.B. Vereine) geben sollte?

Insgesamt lässt mich das alles doch recht ratlos zurück. Vielleicht noch der Hinweis auf das fediverse, ein Netzwerk von verschiedesten offenen social media: fediverse.party

2 Kommentare “Die Argumente für Blogs

  1. Hi Joel,
    Interessante Gedanken! Ironischerweise bin ich via Twitter auf diesen Blog Post gestossen. Twitter dient mir nur dazu, auf Blog Artikel hinzuweisen. Sozusagen als Ergänzung. Einzig das oft gescholtene Google + hatte ich früher gerne genutzt; als Backlink Bringer. Es verhielt sich nämlich so, dass der Monopolist in Sachen Suchmaschine G+ Beiträge sehr weit oben listete.
    Jedenfalls werde ich meinen Blog weiterbetreiben. Denn Twitter & Co. sind für mich noch schlimmer als Bild (Zeitung?)

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