Als ich im Regen nachgab.

Ich stehe im Betonhof, ungeschützt, unter keinem Dach, obwohl es in Strömen regnet. Ich schaue auf den Quittenbaum, unter dem ich einst einen Pfirsich aß. Er ist in voller Blüte, der Regen macht ihm nichts aus. Ich sehne mich nach dieser einen Schulter, an der ich mich ausweinen könnte – oder einfach danach, einmal nicht vor Rührung zu weinen.
„Komm an meine Schulter, durchnässe mein Gewand mit deinen Tränen, lass dich von meinen Armen trösten.“, sagt eine bekannte Stimme. Ich weiß genau, wem sie gehört, so wie ich es immer weiß. Ich kann die Person vor mir kaum erkennen, der Regen sammelt sich zu sehr auf meiner Brille. Doch ich weiß: Es ist die Person, die wir einst Ruth nannten, übernatürlich und allwissend, Hüter*in der Pfirsiche und trotz des Starkregens trocken. Ich ziehe mich aus, als würde ich eine Dusche betreten, nur meine Unterhose und meine Socken behalte ich an. Ich glaube an die heilende Kraft dieser einen Umarmung, nach der ich mich so sehr sehne wie nach dem letzten Pfirsich.
„Ich kann nicht.“, will ich sagen, will Ausflüchte suchen, eine Entschuldigung, die mich von der gewünschten Nähe entbindet, mich von allen Gedanken freispricht.
„Was ist los?“, fragt mein Gegenüber, obwohl es ganz genau weiß, was ich denke, besser als ich es je wissen könnte.
Gerne würde ich „Nichts“ lügen, aber so viel weiß auch ich, dass das nicht stimmt. Mein Zögern ist Trotz, mein Verharren im Regen und der Unumarmtheit nur mein sturer Kopf.
Ich sage nichts. Und mache drei, vier Schritte auf die Person, die wir einst Ruth nannten, zu. Wir breiten beide unsere Arme aus, als würden wir gekreuzigt werden.