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Kampf gegen Windmühlen

Als ich mich über eine Kolumne auf twitter aufregte und das dann verbloggte.

Eine grüne Landschaft mit einigen Windkraftanlagen drauf. Darüber blauer Himmel mit vielen freundlichen weißen Wolken.

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, nicht über (umwelt)politische Themen zu bloggen. Nicht, weil ich das nicht gerne tun würde, sondern weil ich meine Energie dafür lieber in meiner Arbeitszeit verwende. Und sonst das Gefühl habe, mir selbst Konkurenz zu machen und sich das Bloggen dann auch noch mehr wie Arbeit anfühlt. Nun habe ich aber heute Abend auf twitter in einem langen Thread über eine Kolumne gerantet, so dass ich das auch gleich auf‘s Blog stellen kann.

Die Kolumne heißt „Klimaschutz wird mit Naturzerstörung bezahlt“ und hat mich erreicht, weil ich für die Tweets der luxemburgischen Abgeordneten im Parlament eine eigene Tweetdeck-Spalte habe. Diesen genialen Einfall der Socialmediabeobachtung bezahle ich regelmäßig mit hohem Blutdruck. So auch diesmal. Aber zur Kolumne (Text ist ungefähr so wie meine Tweets):

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Premiumcontent und die beste Mobilität

Zwei alte Tramwägen im Trammuseum Luxemburg

Ich habe heute in einem Screenshot die Probleme von „Premiumcontent“ und die Probleme der luxemburgischen Grünen und ihres Mobilitätsverständnisses zusammengefasst, wie schön! Der Blogeintrag ist ein erweitertes Facebook-Posting, weil ich zuerst natürlich nur zwei abfällige Sätze posten wollte, aber natürlich wurde das dann länger. Und ich sehe wenig Gründe, meine Gedanken nicht auch noch einmal hier festzuhalten. Weiterlesen

„Wer kein Selbstbewusstsein hat …”

werkeinselbstbewusstseinhatIch hatte diese Woche bisher zu wenig Schlaf, heute sieben Stunden Uni, dazwischen Schreckensmeldungen und dann noch eine lange Besprechung. Und als ich heimkam, noch einen Haufen Arbeit. Als mir dann endlich ein Titel für dieses Interview eingefallen ist, ich die Social Media-Timer gestellt hatte, spülte mir irgendwer dieses Foto in die Twittertimeline:

Da haben in Erfurt also Leute sich gegen Nazis engagiert, indem sie ein Poster aufgehangen haben, auf dem steht „Wer kein Selbstbewusstsein hat, braucht ein Nationalbewusstsein“. Ich verstehe den Gedanken, der dahinter steht. Das ist alles gut gemeint. Und vielleicht bin nach diesem Mordstag etwas mit den Nerven am Ende, aber mich hat das unglaublich aufgeregt. Not in a good way. Wenn ich kein Selbstbewusstsein habe, brauche ich nicht zwangsläufig ein Nationalbewusstsein. Das sagt der Satz aber, grammatikalisch. Und wahrscheinlich ist es auch so gemeint. Weil alle coolen™ Leute haben ja Selbstbewusstsein und wer keins hat, wird halt Nazi.

Ich weiß nicht, wie ich das nett sagen soll, aber: VIELLEICHT DENKT IHR MAL AN DIE FÜNF MINUTEN IN EUREM BEKACKTEN ICHBINSOBELIEBT-LEBEN ZURÜCK, IN DENEN IHR PROBLEME MIT EUREM SELBSTBEWUSSTSEIN HATTET? Und dann stellt euch mal vor, dass diese fünf Minuten sich länger ziehen. So fünf Stunden. Oder Monate. Oder Jahre. Oder ein ganzes verficktes Leben lang. Und – surprise! – es geht trotzdem ohne Nationalbewusstsein. Es geht sogar sehr gut, denn zwischen diesen beiden Dingen gibt es keinen kausalen Zusammenhang. Es gibt viele – viel zu viele – Nazis, Neonazis und andere Rechte, die viel Selbstbewusstsein haben. Und genau soviel Nationalbewusstsein. Nichts ist gefährlicher als das Bild vom Nazi, der einfach „zu dumm“ ist, um zu verstehen, warum es wichtig ist, Refugees aufzunehmen und dass es keine Alternative ist, diese Menschen im Mittelmeer ertrinken oder von DAESH erschießen zu lassen. Dieses Bild schiebt Rassismus als Problem ab. „Ich muss mich nicht damit auseinandersetzen, ob ich rassistisch handele(n könnte), ich hab ja Selbstbewusstsein“ ist die Botschaft, die bleibt. Nichts könnte falscher sein, vor allem wenn weiße Mittel- und Westeuropäer_innen diesen Satz denken.

Im Grunde sind alle diese Pathologisierungen von Nazis und Rechten nämlich nur eins: Betroffenen ihre Menschlichkeit absprechen. Ich bin der festen Überzeugung, dass alle Menschen, egal wie „dumm“, „behindert“, ohne Selbstbewusstsein, arm, usw. sie sind, die Fähigkeit zur Menschlichkeit und „Nächstenliebe“ haben. Ja, der theoretische Hintergrund darüber, wie Rassismus (und andere -ismen) unsere Gesellschaft durchzieht, ist nicht der einfachste. Und ja, da ist sicher Aufklärungsarbeit zu leisten. Oder Zuhörarbeit.

Mich trifft das mit dem Selbstbewusstsein persönlich. Ich habe Tränen vor Wut in den Augen, während ich das hier schreibe. Es ist nur ein nerviger Spruch auf einem Plakat, aber verdammt nochmal – ich habe nicht gefühlt mein halbes Leben mit Teenage Angst verbracht (und mein halbes Blog damit vollgeschrieben), um mir von einem Plakat pauschal Nationalbewusstsein unterstellen zu lassen. Ich brauche das nämlich nicht und habe das nie gebraucht, nicht einmal dunkelsten Stunden.

Klimakonferenz in Paris – High Stakes

In diesen Tagen läuft in Paris die UN Klimakonferenz (COP 21). Dort wird es vor allem um Finanzierungsfragen gehen. Wie im Kasino sind dabei die (finanziellen) Einsätze hoch und der Ausgang ungewiss. Dieser Artikel erschien zuerst in einer etwas kürzeren Fassung im luxemburgischen Magazin forum.

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Eigentlich sollte es doch nicht so schwer sein: Es gibt eine Bedrohung für die Umwelt, die ein globales Problem darstellt. Alle Staaten treffen sich und überlegen sich mithilfe von ein paar Wissenschaftler_innen und anderen Expert_innen, wie alle gemeinsam das Problem lösen können. Sowohl die internationale Politik als auch die Wissenschaft hat mit dem Verbot von FCKWs zum Schutz des stratosphärischen Ozons eigentlich schon einen Erfolg erlebt. Leider war das jedoch ein vergleichsweise einfacher Fall: FCKWs sind im Gegensatz zu Treibhausgasen eine klar abgegrenzte Stoffgruppe, deren Einsatz in der Wirtschaft auch eher auf verschiedene Anwendungen begrenzt war. Es war somit 1987 – nur zwei Jahre nach der Entdeckung des Ozonlochs und 13 Jahre nach der ersten Warnung über die Gefährlichkeit – in Montreal nicht besonders schwer, eine Reduktion auszuhandeln. Weiterlesen

du hannerhältegt Stéck Schäiss

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Übersetzt steht da: Luxemburg, du hinterhältiges Stück Scheiße. Meine Freund_innen des Künstler_innenkollektives Richtung22 haben ein Theaterstück über die Nationbrandingkampagne des Großherzogtums geschrieben. Ich lege euch den Besuch ans Herz, denn wenn R22 etwas anfasst, wird das meistens ziemlich gut. Der Spruch, der sich etwas an „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ anlehnt, passt in meinen Augen sehr gut zur hinterhältigen Politik Luxemburgs. Sowohl auf der Ebene der Steueroptimierungen, auf der Luxemburg nur davon profitiert, dass andere keine/nur sehr wenig Steuern zahlen möchten, als auch auf der gesellschaftlichen Ebene, wo ungefähr 80 Prozent der Wahlberechtigten Nicht-Luxemburger_innen das Wahlrecht verwehrt haben. Mit dem Argument, die sollen doch einfach Luxemburgisch lernen (Wer an dieser Stelle „hä?“ denkt: Ja, das tat ich auch. Fakten oder Sinnzusammenhänge spielten in dem Referendum keine Rolle). Und wenn ich mir die Kommentare unter Artikeln, die von 42 Refugees berichten, die eins der reichsten Länder der Welt gnädigerweise aufgenommen hat, ansehe, bestärkt sich der Eindruck nur allzusehr. R22 erklären in diesem Text, warum sie den Titel gewählt haben und hier gibt es Tickets für die Vorstellungen zu reservieren. Während ich dies schreibe, sind nur noch sehr wenige Plätze frei, also macht euch ran.

Ach ja, ihr könnt jetzt dann auch das hier machen: Follow my blog with Bloglovin, wenn ihr eure Blogs über Bloglovin lest.

Edit:
Das Stück gibt es nun auch auf vimeo zum Streamen oder runterladen.

Referendum: Jugend und Mandate

Blick auf das Petrus-Tal in Luxemburg-Stadt. Im Vordergrund ein grünes Geländer, ein grünes Tal, durch das ein kleines Rinsal fließt, im Hintergrund einige Gebäude von Luxemburg-Stadt

In weniger als zwei Wochen ist es soweit: am 7. Juni stimmt Luxemburg per Referendum über drei Vorschläge ab, die dann in eine neue Verfassung fließen sollen. Dazu gibt es viel zu sagen, und dazu habe ich auch schon einiges gesagt: Manches über die aktionistische Facebookseite Villverspriechend Volleksvirbereedung (Vielversprechende Volksvorbereitung), anderes in meinem Podcast/meiner Radioserie Angscht a Schrecken zu Lëtzebuerg (über die gestrichene vierte Frage, die Rolle des Staatsrats, die vorgesehene Sprachenregelung der neuen Verfassung, dem Mitmach-Nationbranding, das Partizipation in der Verfassungsreform ersetzt, die gestrichenen Bürger_innenforen und die merkwürdigen Argumente des „Nee“ gegen das Ausländer_innenwahlrecht) und die üblichen Kommentar über Twitter und Facebook. Heute werde ich hingegen das Wahlalter und die Mandatsbegrenzung unter die Lupe nehmen. Weiterlesen

Politik, die wirkt?

Dieser Post erschien zuerst in der Mai-Ausgabe (03/2015) des progress und wurde im März 2016 rückdatierend auf dieses Blog gepostet.

Im ÖH-Wahlkampf wird viel versprochen und gefordert – doch nur wenige Forderungen wird die ÖH selbst umsetzen können. Wie viel Einfluss hat die ÖH und wo sind ihre Grenzen?

OEH-Wahl_2015

Leistbares Wohnen, günstige Mobilitätsangebote, mehr Freiräume für Studierende – die Forderungen der Fraktionen, die zur ÖH-Wahl antreten, beschränken sich nicht nur auf das unmittelbare Umfeld der Hochschule, sondern beziehen sich oft gleich auf das ganze Studierendenleben. Die Österreichische Hochschüler_ innenschaft (ÖH) hat ein allgemeinpolitisches Mandat, was grundsätzlich auch nicht-bildungspolitische Forderungen absolut legitim macht. Das ist in anderen Ländern oft anders, so zum Beispiel in Deutschland, wo es Studierendenvertretungen teilweise sogar gesetzlich verboten ist, solche Interessen zu artikulieren. Die ÖH wird dennoch auch nach dem 21. Mai nicht im Alleingang Mieten senken oder billige Öffis anbieten können.

ÖH GEGEN TUBERKULOSE. Als die ÖH 1945 gegründet wurde, waren Wohnungsnot und die soziale und gesundheitliche Lage von Studierenden die brennendsten Themen. So wurden in den 1940ern und 1950ern ein Heim gebaut und eine Tuberkulose- Vorsorge eingerichtet, die später zu einer allgemeinen Krankenversicherung ausgebaut wurde. Obwohl die ÖH damals unter konservativer Führung war, organisierte sie Demonstrationen, zum Beispiel gegen Erhöhungen der Studien- und Prüfungsgebühren. „Einmal sollten ja die Gebühren empfindlich erhöht werden – und zwar um 30 Prozent. Wir sind dann rebellisch geworden und haben 1952 einen Sitzstreik am Ring organisiert. Mit Erfolg: Die Gebühren wurden nur geringfügig erhöht. Wenn es uns zu dumm geworden ist, haben wir immer gesagt, dann gehen wir wieder auf den Ring“, erzählte Günther Wiesinger, von 1952 bis 1954 Vorsitzender des Zentralausschusses (so hieß damals die ÖH-Bundesvertretung), in der Broschüre zum 60. Geburtstag der Österreichischen Hochschüler_innenschaft. Weiterlesen

force, power and violence

Dieser Post erschien zuerst in der März-Ausgabe (02/2015) des progress und wurde im März 2016 rückdatierend auf dieses Blog gepostet. Der Artikel war die Einleitung in das Dossier zum Thema Gewalt. Die Illustration ist von Janina Kepczynski, deren Webseite ihr hier und deren Facebookseite ihr hier findet.

stark sein
Der Begriff Gewalt kommt von dem althochdeutschen Wort „waltan“, was so viel wie „stark sein“ oder „beherrschen“ bedeutet. Im Allgemeinen werden damit Vorgänge, Handlungen, aber auch soziale Zusammenhänge bezeichnet, mit denen auf Menschen, Tiere und – der besorgte österreichische Umgang mit Fensterscheiben und Mistkübeln lässt es schon erahnen – Gegenstände eingewirkt werden kann. Und zwar so, dass diese beeinflusst, verändert oder geschädigt werden. Je nach Kontext kann mit Gewalt ein direkter Einfluss oder auch nur eine Machtquelle, wie beim Begriff „Gewaltentrennung“, gemeint sein. Im Englischen gibt es für diese unterschiedlichen Bedeutungen eigene Wörter: Wer mit Gewalt einen Nagel einschlägt, benutzt force, die Gewalt als Machtquelle wird power genannt.

Zwei Hände, die wie kämpfende Hunde geformt sind
(Illustration: Janina Kepczynski)

unterhaltsame Gewalt
Diskussionen über Gewaltdarstellungen in Filmen und Videospielen beherrschen regelmäßig Schlagzeilen, oft in Zusammenhang mit angeblich davon inspirierten nicht-virtuellen Gewalttaten. In Österreich hat jedes Bundesland sein eigenes Jugendschutzgesetz, was prinzipiell neun verschiedene Zulassungen von Filmen bedeuten könnte. In der Praxis prüft jedoch die Jugendmedienkommission des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur Filme und spricht eine Altersempfehlung aus, die von allen Bundesländern mit der Ausnahme Wiens übernommen wird. In der Hauptstadt sieht sich ein eigener Filmbeirat die Werke vor der Veröffentlichung an und gibt eine Altersempfehlung aus. Verpflichtend sind diese Empfehlungen jedoch weder bei Filmen noch bei Computerspielen. Anders sieht es in Deutschland aus: Dort wird von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) jedes Computerspiel durchgespielt, von unabhängigen Expert_innen geprüft und mit einer verbindlichen Altersfreigabe versehen. Weiterlesen

Einstürzende Neubauten

Dieser Post erschien zuerst in der Ausgabe 01/2015 des progress und wurde im März 2016 rückdatierend auf dieses Blog gepostet. Den Text habe ich gemeinsam mit Anne Schinko geschrieben, die Fotos sind von Mafalda Rakoš.

Von maroden Hörsälen bis zu herabfallenden Fassaden – Österreichs Unigebäude sind nicht gerade in Topform. Wer ist hier zuständig und wie viel kostet das Ganze eigentlich?
2. Jänner 2015: Vom „Learning Center“ der neuen WU fällt eine 80 Kilo schwere Betonplatte. Das Gleiche ist ein halbes Jahr zuvor – im Juli 2014 – schon einmal passiert. Der Campus der WU wurde erst im Herbst 2013 eingeweiht, nun sieht der Vorplatz der Bibliothek wieder wie eine Baustelle aus: Ein Gerüst soll vor weiteren herabstürzenden Fassadenelementen schützen, bis die Ursachen endgültig geklärt sind. Herabfallende Fassadenteile sind an Österreichs Universitäten nicht unbedingt eine Seltenheit: Im Herbst 2012 fiel etwa eine Fensterscheibe aus dem zweiten Stock des Türkenwirt-Gebäudes der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). Auch hier steht seitdem ein Gerüst, das die Studierenden vor ihrer eigenen Universität schützen soll. Und auch hier kam durch die fallende Fensterscheibe glücklicherweise niemand zu Schaden.

S_1_Cover_Credit_Mafalda Rakos_blogFoto: Mafalda Rakoš

Diese doch recht dramatischen Beispiele illustrieren, womit Studierende alltäglich konfrontiert sind: Österreichs Universitätsgebäude sind nicht in bestem Zustand. Zwar stürzen nicht ständig Betonplatten von allen Universitäten zu Boden, aber die Liste der Beschwerden ist doch lang: Sie reicht von zu wenig Lern- und Gruppenräumen über inadäquate Toiletten bis hin zu groben baulichen Mängeln, beispielsweise im Fall von Türen, die ständig kaputt gehen, weil sie nicht für die hohe Frequenz an ein- und ausgehenden Studierenden ausgelegt sind. Hinzu kommt, dass viele Universitätsgebäude nicht barrierefrei sind. Der Klassiker ist die Klage über zu kleine Hörsäle, die an manchen Hochschulen schon wenige Jahre nach ihrer Entstehung ertönt. Weiterlesen