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Orangegelb auf Nassasphaltgrau

Eigentlich wollte ich das hier schon länger schreiben, nämlich sollte die Begegnung, die ich nun schildere, unter den Text zu diesem Bloggertreffen, mit den Worten, dass die schönste neue Begegnung eine ganz andere als eine auf dem Bloggertreff gewesen sei. Nur, um den historischen Kontext herzustellen.

Auf der anderen Straßenseite siehst du ein Mädchen. Punk-Look. Rot-Schwarz gestreifte Strumpfhosen und Pulli. Es ist eine ziemlich kalte Nacht, es regnet und du willst eigentlich so schnell wie möglich nach Hause. Aber sie lässt dich verlangsamen, du siehst sie an, sie sieht dich an. Das einzige was nicht in ihren Look passt ist die grauweiße Sporttasche, die sie trägt, auf eine Mauer lehnt, darin rumkramt und wieder hochhebt.

Du gehst absichtlich langsamer, um neben ihr gehen zu können oder sie zumindest von nahe zu sehen. Du musst sowieso auf ihre Straßenseite und am Zebrastreifen lässt sich etwas Zeit gewinnen. Ihr seit beide auf der gleichen Höhe und du lässt sie ein wenig schneller gehen als du selbst, als sie „Hallo“ sagt. Du erwiderst, lächelst und bist auf eine merkwürdige Art und Weise erregt. Eine Art von Wärme ist zu spüren.
Schicksalsgemeinschaft in der Kälte, im Regen und im Tragen von rot-schwarz gestreiften Kleidungstücken.

Du fragst dumm nach, ob wir uns kennen, und sie verneint glücklicherweise. Nichts wäre peinlicher gewesen als eine Bejahung dieser Frage. So kommt ihr ins Gespräch. Du fragst sie, was sie macht und erzählst ihr, dass du einen harten und langen Tag hattest du nach Hause willst. Sie kommt von zu Hause. Rausgeflogen. Mal wieder, wie sie betont.
Das beruhigt dich. Du bist der Meinung, dass solche Dinge unnötig sind, aber zumindest ist sie nicht zum ersten Mal in der Situation und weiß sich zu helfen.

Du begleitest sie bis zum Rande der Stadt, wo sich der Park der psychiatrischen Klinik mit dem Rohbau eines neuen Altersheimes deckt. Nicht weit von hier ragt ein Hochhaus als Schatten drohend zum Nachthimmel hinauf. Du sagst ihr, du würdest nicht weiter als das Bushäuschen gehen, und sie meint, es wäre eh schon nett gewesen, so weit mitzugehen, obwohl du eigentlich einen anderen Weg hättest gehen sollen.

Aber irgendetwas in dir drängte dich dazu, sie bis hierhin zu begleiten. Vielleicht ist es diese Wärme, dieses einfache Hallo gewesen. Oder der Drang, dir solche Geschichten anzuhören und einen klein wenig Mut zu machen.

Was bleibt, ist eine schöne Erinnerung. Du magst solche Begegnungen, weil sie dir zeigen, wie wunderbar das Leben selbst in einsamen kalten Winternächten sein kann.