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Zwischenzeitliche Erkentniss

We are nowhere and it‘s now…
Veränderungen sind merkwürdig, und sie passieren, ohne dass wir wirklich eingreifen können. Mit uns selbst und mit anderen.
Ich habe mir an meinem 20. Geburstag den Nagel meines linken Zeigefingers ausgerissen. Also, nicht ganz, aber ein grosses Stück, und es schmerzt noch immer. Auch Narbenbildung ist eine Form von Veränderung.

Ich habe noch nicht wirklich viel Zeit gehabt, über meinen Geburstag und das Älterwerden an sich nachzudenken. Bisher habe ich bloss darüber nachgedacht, dass ich nicht darüber nachgedacht habe, aber irgendwo tief in mir weiss ich, dass da einige Fragen und Gedanken sind, die unter der Oberfläche brodeln. Aber jetzt ist nicht die Zeit, um darüber nachzudenken. Ich bin umgeben von Menschen, ich bin voll von Tatendrang, ich bin beinahe ohne Libido, ich bin in Kopenhagen. Und vor dem Einschlafen lese ich ein paar Seiten in Naked Lunch, was mir so viele merkwürdige Träume verschafft, dass ich überhaupt nicht mehr träume.
Wir sind mit dem Zug über das Meer gefahren, und es war nicht einmal aufregend.
(Wir haben übrigens strahlend blauen Himmel hier in Kopenhagen. Wer hätte das gedacht?)

Geträumt

Ich habe diese Nacht wieder merkwürdige Dinge geträumt. Dabei ist überhaupt nicht Vollmond, oder? Wir befinden uns momentan im »letzten Viertel«, das nicht gerade bekannt ist für seine Wirkung auf den Menschen. Überhaupt mag ich den Gedanken nicht, dass ein Klumpen aus stinkendem Gestein meine Träume beeinflussen soll.

Ich weiß eigentlich nicht mehr, was ich geträumt habe. Es war eine sehr logische Geschichte, und es kam immer wieder eine Kantine, ein großer Speisesaal vor. Und ich fragte irgendwann mal jemanden an einer verwilderten, mit Moos überwachsenen Mauer in einem kleinen Garten, ob er einen Spatz gesehen hätte. Einen sehr frechen Spatz.
Das hatte im Traum eine besondere Bedeutung. Welche, das kann ich nicht mehr sagen.

(Blixa Bargeld hätte einen Song daraus gemacht. Mir bleibt nur, es aufzuschreiben.)

Feuerhimmel

Regenboden rechts, links ein goldener Himmel, und in der Mitte sind die Wolken zartrosa. So sieht es aus, wenn ich aus dem Fenster schaue.
Es riecht nach Sommerregen. Vielleicht kommt der Sommer ja wieder?

Wind

Ein starker Wind weht durch's Fenster in mein Zimmer. Mein Zimmer. Diese Dinge hier sind mein. Ich bin diese Dinge. Meine Vergangenheit, mein Jetzt und meine Zukunft. Die Summe aller Teile, die mich ausmachen. DNS, Erinnerungen, Charakter und ein paar Gewürze. Alles gut mischen und heraus kommt ein Mensch. Instant-Karma, Seele aus der Tüte. Mikrowellen-Charakter.
Wind wie am Meer. A pirate I was meant to be!

Sturm

Der Wind pfeift und heult ganz furchtbar gerade. Dunkle Wolken, ein wirklich starker Wind und Regen, als würde die Welt morgen keinen neuen Tag mehr erleben.
Aber es riecht ganz wunderbar nach Sommergewitter. Dabei ist der Sommer doch eigentlich schon vorbei?
Ich mag Gewitter. Auch.

o.O

Ich dachte, das Pisswetter würde bis Ende der Woche halten? Jetzt scheint schon wieder die Sonne, die Vögel zwitschern und es sieht so aus, als würde es heute mindestens so heiß wie es die letzte Aprilwoche war.
Und ich weiß jetzt nicht mal, ob ich das gut oder schlecht finden soll.

Schon über mir

And I knew you were my destiny
And I thought you'd get the best of me
On the way down to Mexico

Ich weiß nicht, ob man überhaupt sagen darf, dass einem ein Lied der Rolling Stones aus dem Jahre 1998 gefällt. Es ist von dem Album „Bridges To Babylon“, das eigentlich nicht wirklich nach „Stones“ klingt. Und das Lied, von dem ich rede, heißt „Already over me“ und erzählt irgendeine Roadstory, in der Mick Jagger seine geschätzte 248te Frau ins Bett kriegt. Und das Lied klingt nach Staub, Drogen und ein wenig nach einem alten Mann, der sich die alten Zeiten zurückwünscht. Es rockt weder sonderlich noch ist es textlich sehr abwechselungsreich

Aber das Lied ist für mich eine Erinnerung an Sommer 2002. Ich hatte mir damals den Fuß verstaucht, und das Internet ging auch nicht so wirklich. Davor hatte ich irre viel Zeit im IRC verbracht, mit einem Mädchen, dass ich Gilwen nannte. Sternenmädchen auf Elbisch. Und das Lied verkörperte irgendwie mein Lebensgefühl. Oder es „fühlte“ sich so an, als würde es mein Lebensgefühl verkörpern. Mit dem verstauchten Fuß auf dem Bett liegen, den furchtbar blauen und Himmel ansehen, die Rolling Stones hören und dabei irgendein Werk von Tolkien lesen.
Das war genau die Zeit zwischen meinem ersten Blog bei blogspot.com und dem zweiten, diesem hier. Es lag eine Schwere in der Luft, wie ich sie nur selten gespürt hatte. Veränderung.
Dieser Sommer 2002 war auch die Zeit, in der ich anfing, die ersten Schritte in der großen weiten Welt ohne elterliche Begleitung zu tun. Gemeinsam mit Freunden ins Kino. Damals schien es so, als wäre Luxemburg-Kirchberg ein anderer Kontinent. Heute bin ich mindestens einmal in der Woche in der Hauptstadt.
Veränderung, das war es. Ich habe kaum Erinnerungen an die Sommerferien, die meiner Beinverletzung folgten. Der letzte Urlaub in Port Camargue. Die ersten Folgen von Neon Genesis Evangelion, damals noch teilweise ohne Ton. Diffuse Errinnerungsfetzen.

Der Sommer 2002 ist fast fünf Jahre vorbei. Was bleibt, ist ein Lied der Stones, von dem ich heute nicht mehr weiß, wie ich es finden soll.

Mondfinsternis Livebloggen

Bloggt eigentlich jemand die Mondfinsternis live? Mich erreichen dauernd Emails, dass ich mir die ankucken soll. Und netterweise funktioniert das auch noch vom Dachfenster aus. Was mir als Kind des Informationszeitalters jetzt aber fehlt, ist ein Kommentar, ob der Schatten der Erde sich gerade wieder verzieht oder sich gerade über den Mond schiebt. Das sehe ich nämlich gerade nicht so richtig.

23:10: Ich erfahre gerade, dass vds-astro.de eine „Live Übertragung“ ins Internet stellt. Das ist fast livebloggen.
Da ist auch zu lesen, dass wir im ersten Viertel angekommen sind. Also der Mond halb verdeckt.
Mondfinsternis
(Bild von vds-astro.de)
23:14: Ich war der Meinung, wir würden uns rasend schnell bewegen. So mit 300 km/s. Da müsste so eine läppische Mondfinsterniss doch sehr viel schneller gehen. Aber hey, immerhin ist der Schatten schon über die Hälfte. Will jemand ein schlechtes Foto mit dem Handy haben?
23:19: Na bitte. Wir näheren uns einem Ende. Und wenn man das Licht ausmacht, sieht man die Sterne auch. Ich höre übrigens gerade Chokebore, habe das Fenster auf, Licht und Heizung aus.
Mit ein wenig gutem Willen lässt sich der verdeckte Teil des Mondes als roter Schatten im Dunkel der Nacht erkennen.
23:25: Mir wird langsam kalt. Und der Mond ist immer noch als sehr schmales Band zu erkennen. Gibt es bei der Mondfinsternis eigentlich auch einen „Diamantringeffekt„?
Und merkwürdigerweise scheint man den Schatten der Erde über den Rand des Mondes hinaus sehen zu können. Das ist sehr merkwürdig. Aber eigentlich ist dies ein sehr poetischer Abend.
23:31: Die Sternenfreunde haben ein Wolkenproblem. Sowas aber auch, die könnten jetzt sicher tolle Fotos von einem halbroten Mond machen. Und sehr bald ist es wohl soweit, dass unser einziger natürlicher Satelit ganz in unserem Schatten steht.
Ich stehe auf meinem Bett und beobachten den Himmel. Das errinnert mich an die Sylvesternacht. Ich habe Feuerwerk noch nie in der Intensität erlebt als in der Nacht. Keine Drogenpartys, nur Drogenfilme und Poesie.
23:33: Man hat das Gefühl, dass diese große fahle Glühbirne da am Himmel langsam gedimmt wird. Und das, was die Erde gerade verdeckt, sieht sehr rot aus. Wie merkwürdig.
23:37: Es fehlt nicht mehr viel und ich denke, wir schaffen das noch vor Mitternacht. Allerdings ist es sehr kalt und ich bin dauernd im Clinch mit mir selbst, ob ich das Fenster nicht lieber schliessen soll. Im Zweifelsfall nehm ich heute abend eine improvisierte Wärmeflasche mit ins Bett. Like in the good ol' days.
23:44
: Isses das jetzt? Oder geht da noch was? Der Mond sieht gerade aus wie ein milchiges, trübes Auge, das mich vom Himmel aus anstarrt. DAS ist ein ziemlich gruseliger Gedanke. Schnell weiterkucken, wenn da noch was geht, dann jetzt!
23:50: Da geht definitiv noch was. Noch ist der Mond ein ganz klein wenig unbeschattet. Eine Linkliste mit vielen vielen Bildern aus ganz Europa gibt es hier.
Ich habe allerdings das Gefühl dass dort, wo die Leute gut ausgerüstet sind, das Wetter nicht mitspielt. Weiter gehts!
23:58: Nein Freunde, vor Mitternacht wird das nichts mehr mit der „totalen“ Mondfinsternis. Es ist immer noch ein gelber Schimmer oben links am Mond zu sehen, der sich ansonsten recht viel Mühe gibt, rot zu glühen. So könnte man sich eigentlich den Mars vorstellen. Nur, dass der Mars ein wenig weiter weg ist und ausserdem größer. Und es gibt keine Marsfinsternisen.
00:05
: Ok, vielleicht ist der Mond oben links einfach heller. Aber ich werde langsam ungeduldig. Ausserdem bräuchte ich eine astronomische Prozentanzeige. Oder eine kommentierende Radiosendung, die als Musik nur alle Versionen von „Fly me to the Moon“ spielt, die es gibt. Und das sind verdammt viele.
00:08: Ok. Es ist soweit. Totale Mondfinsternis. Und ein paar Wolkenfetzen ziehen auch schon vorbei. Was für ein Anblick. Ein roter Mond. Sehr spektakulär. Erwartet jemand von mir, dass ich den Rückgang auch nochmal blogge?
00:15: Komplette Wolkendecke in Richtung Ost-Südost. Dies ist wohl das Ende für heute Abend, das nächste Astronomiebloggen sind vielleicht die Leoniden. Oder der hallesche Komet. Damit zurück ins Studio.