Ich will mich ab jetzt ein klein wenig mit den luxemburgischen Parlamentswahlen beschäftigen. Ich werde dabei sicherlich keine so tiefen Analysen wie Oppenen Bréif zu Stande bringen, aber wohl auch etwas unparteiischer sein. Vor allem möchte ich mir selbst eine Art Überblick verschaffen. Bis jetzt habe ich nämlich noch nicht den Schimmer einer Idee, wen ich denn im Sommer wählen werde (Ich weiß eigentlich nur, wen ganz sicher nicht!), und vielleicht hilft das hier ja dabei.
Es gibt genügend Vereine, die vor den Wahlen Forderungskataloge veröffentlichen. Und weil ich ja noch nicht weiß, wen ich wählen soll, will ich dann einfach mal fordern. Vielleicht nimmt sich mir ja eine Partei an.
Kulturflatrate
Die Idee ist nicht neu und relativ einfach. Jeder (Breitband)-Internetuser zahlt eine kleine Abgabe auf seiner Rechnung bzw. eine Art „Kultursteuer“, welche den Künstlern zu Gute kommt. Das gleiche Prinzip wird zum Zweck der Privatkopien auf Kopierer, Druckerpapier, CD und DVD-Rohlinge, usw. angewendet. Es sollte also auch für die Film- und Musikindustrie funktionieren. Die 128.312 Haushalte (Statec: Le Luxembourg
en chiffres 2008), die in Luxemburg über einen Internetanschluss verfügen, könnten mit einer Abgabe von 10€/Monat ca. 15.397.440 € an Zusatzeinnahmen generieren. Natürlich müsste die Regierung auch alles dran setzen, um dieses Modell europaweit bzw. weltweit durchzusetzen, um eine größtmögliche Effizienz zu garantieren. Eine solche Kulturflatrate hätte zudem den großen Vorteil, dass man einen Großteil der Internetuser wieder entkriminalisiert und ein gewaltiger kultureller Schub zu erwarten ist.
Legalisierung von „leichten“ Drogen
Entkriminalisierung dürfte auch hier das Stichwort sein. Vor allem lassen sich die Gefahren von zB. Cannabis sehr viel besser eindämmen, wenn der Staat den Markt kontrolliert und reglementiert. Außerdem sollten die Möglichkeiten vom medizinischen Nutzen geprüft werden. Natürlich kann eine solche Drogenpolitik nicht anders, als Hand in Hand mit einer gesunden, objektiven Aufklärung zu gehen. Vorteile für den Staat: Die Beschaffungs- und Verkaufskriminalität geht quasi auf Null, die gesundheitlichen Risiken und Kosten durch Verunreinigungen werden minimiert und durch hohe Steuern lassen sich zusätzliche Einnahmen generieren, die heutzutage Kriminellen zu Gute kommen.
Trennung von Kirche und Staat
Ich will keine Steuern für einen Verein von homophoben, leicht faschistoiden Mystikern zahlen. Und auch nicht für Juden, Protestanten, Moslems, Buddhisten, Scientologen, Satanisten oder sonstige Religionen. Ich will, dass meine eventuellen Kinder nicht Märchen, sondern Wissenschaft beigebracht bekommen und ihren Glauben selbst auswählen können, wenn ihnen danach ist.
Kirchen kann der Staat wegen mir mit instand halten, wenn sie eine große kulturelle Bedeutung haben. Katholische Krankenhäuser und Schulen können sich aussuchen, ob sie ein Ausdruck der christlichen Caritas sein wollen oder verstaatlicht werden.
Flächendeckende Versorgung mit breitbandigem, kabellosen Internet
„Always on“ ist sicherlich ein großartiger Wirtschaftsmotor. Und ziemlich geil noch dazu! Internetzugang(=Informationszugang) ist Menschenrecht!
Digitalisierung öffentlicher Dokumente, Staatsbibliotheken und Archive sowie konsequentes E-Gouvernement
Staatliche Daten sollen den Bürgern frei zur Verfügung stehen, am besten auch unter freien Lizenzen. Das gilt für Luftbilder und Kartenmaterial genauso wie für Inhalte der Staatsbibliotheken und -archive. Außerdem sollten so viele Behördengänge wie möglich per Internet machbar sein. Für digitale Signaturen gibt es sicherlich einen Haufen intelligenter Lösungen.
Rückbau des Überwachungsstaates
Überwachungsmaßnahmen wie CCTV, Vorratsdatenspeicherung, Bespitzelungen, Abhörmaßnahmen, usw. sollen auf ein Minimum reduziert werden. Auflagen für private Überwachungsmaßnahmen sollen strenger werden.
Effiziente Transportpolitik und Ausbau des öffentlichen Transportes
Wenn wir die Welt irgendwie retten wollen und auch mit 500.000 Einwohnern noch irgendwann auf der Arbeit ankommen möchten, brauchen wir den öffentlichen Transport. Und zwar schnellen und effizienten. Dazu gehört sicherlich ein Ausbau des Schienenverkehrs, eine größere Frequenz von Bus und Zuglinien und ein Nachtservice, vor allem für die Eisenbahn. So kann man zwar jedes bessere Dorf Samstags morgens um drei Uhr von Luxemburg-Stadt aus mit einem Late-Night-Bus erreichen, aber Städte, die eine Bahnanbindung haben, dieses Privileg nicht haben.
Und hier muss Luxemburg auch mit seinen Nachbarn arbeiten. Wir brauchen mehr Pendlerzüge und Auffangparkplätze, billigere Tarife und bessere Anschlussmöglichkeiten.
Noch mehr Förderung von erneuerbaren Energien
Luxemburg importiert einen Riesenanteil seines Stroms. Das führt dazu, dass ca. 60% des Stroms, den wir bezahlen, durch Transportverluste verloren gehen. Edit: Ich weiß nicht, wie weit dieser Satz so stimmt. Fakt ist, dass für 1 KWh, die in Luxemburg verbraucht werden, 3 KWh in Deutschland „primärenergetisch“ hergestellt werden. Ich verstehe nicht genug vom Thema, um jetzt sagen zu können, ob dies alles Transport/Umspannungsverlust sind oder was der Mann, der mir das im Interview erzählt hat, mit „Verlusten im Kraftwerk“ genau gemeint hat. Durch Photovoltaik- und Windkraftwerke könnten wir mehr Strom selbst produzieren und diesen auch noch dort gebrauchen, wo er produziert wird. Nebenbei würden wir auch noch die Welt/das Klima retten.
Mehr Basisdemokratie
Wichtige Entscheidungen sollten per Referendum abgestimmt werden, die Beteiligung an demokratischen Prozessen muss einfacher werden und verstärkt passieren. Ausserdem sollte das bisherige Wahlsystem in Frage gestellt werden. Auch die Frage, ob wir nicht eine zweite Kammer benötigen, sollte nicht einfach ausgeklammert werden!
Republik!
Wir brauchen keinen Monarchen. Höchstens als Repräsentanten. Das darf er dann auch gerne machen, er wird dann auch auf die Stunde bezahlt für das Händeschütteln mit dem japanischen Kaiser und dem Konzernchef von Suzuki. Ansonsten möchte ich eine vollwertige Demokratie ohne Staatschef mit Gottesanspruch.
Das sind noch sicherlich alle meine Forderungen, aber schon mal einige. Die Serie zum Wahljahr wird fortgesetzt werden, Kommentare sind wie immer erwünscht!