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Die Silvesternacht

Als ich zu meinem großen Erstaunen schon wieder einen Traum notieren konnte

Eine (vermutlich weiblich gelesene) Person, deren Gesicht unscharf und im Halbdunkeln liegt hält eine Wunderkerze. Der Großteil des Bildes ist schwarz.

Ich verbringe den Jahreswechsel bei S., die im Traum irgendwo im hohen Norden Luxemburgs wohnt. Wir haben etwas miteinander, oder zumindest habe ich das Gefühl, dass dem so ist und wir liebevoll miteinander umgehen und im Raum steht, dass wir Sex miteinander haben. Eigentlich sollte ich vor Mitternacht mit dem letzten Bus nach Hause fahren, stattdessen überlegen wir uns aber einen Plan, mit dem ich bis Mitternacht bleiben kann. Dazu müssen wir selbst einige Stationen mit dem Bus fahren, um einen analogen Fahrplan anzuschauen oder einfach zu testen, ob unsere Theorie stimmt. Wo genau „nach Hause“ ist, weiß ich nicht, es kommt mir vor als würde ich noch zum Flughafen müssen oder hätte eine längere Reise vor mir.

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Rheinufer

Rheinufer, denke ich. Immer nur Rheinufer.
Ein Schiff mit bunten Girlanden zieht vorbei.
Du bist Ostern nicht Baden gegangen, hast dich nicht rheingewaschen und bereust das immer noch.
Rheinufer.
Dir fällt nichts ein, du blickst in den leeren, grauen Himmel und auch von da fällt nichts, kein Regen, kein Meister, keine Inspiration.
Rheinufer.

Rheinufer (cc by phototram)

Diese Stadt hat dir schon einmal nicht gut getan, dich in den Wahnsinn getrieben.
„Du Ratte!“. Irgendwo spricht jemand mit einem Telefon.
Ein schneeweißer Dom, Bahnhofskapelle, mit dem Dreck nur von Friedenstauben.
M., L., S. und B. verschwinden in einem U-Bahnschacht. Wie Rohrpost verlieren wir uns. zwischen zwei Rheinufern.
In meinem Kopf nur Ufer und U-bahn, nur Stadt und Plan, alles kreist sich um die Engel des Elfenbeinturms.
Als gäbe es keine andere Zeit. Es bleibt doch immer noch ein Ticket, eine Wegbeschreibung, ein Kölsch, ein Gedanke, ein anderes Mal, eine Decke, ein T-Shirt, ein Stift, ein Block, eine Lampe, sonst nichts.
Der Kreist schließt sich. Am Rheinufer?
Das ist nicht wahr.
Die Straße, die alle Romantik besiegt, führt nach Luxemburg.
Wie gut, dass ich die Bahn nehme.

(Photo cc by phototram)

Verrückte Jahreszeit

Mad Season - Above Cover
Ich hätte ja nie gedacht, dass ich mal von einem Grunge-Album sagen würde, dass ich es wunderbar und sehr sehr schön finden würde. Normalerweise find ich Grunge so Musik, die man sich halt anhören kann und von der man verschiedene Tracks im Radio spielen kann.

You know you're right von Nirvana ist zum Beispiel so ein Lied. Eigentlich wurde das ja oft genung von MTViva usw. durchgenudelt, aber das ist mittlerweile auch schon wieder 5 Jahre her und die Zeiten, als die Schulhöfe voll von Nirvana-Pullis waren, sind auch vorbei. Und es ist Musik, die während einer Magazinsendung nicht unbedingt stört. (Im Kontext von einem freien Radio jedenfalls nicht.)

Von Mad Seasons Album „Above“ (Ein anderes gab es ja nie!) kann ich aber ohne zu Lügen sagen, dass ich es wunderbar und sehr sehr schön finde. Und ich habe noch keinen Song gefunden, den ich *nicht* mag. Und generell könnte ich mir von jedem Song vorstelen, ihn zu spielen. Ausser vielleicht November Rain Hotel, weil das ein Instrumental-Track ist und dazu noch ein langer. Aber auch dafür gibt es Einsetzmöglichkeiten.

Anspieltipps: Wake Up (wunderschön!), Artificial Red und Long Gone Day

Nachtrag: Danke Sara für den wunderbaren Tipp :)

in schimmerenden Gold (grey edition)

Und es ist plötzlich, als wäre es wieder möglich, zu träumen. Als ob die Poesie in jenem seltsamen Augenblick wieder bestünde.
Du bist merkwürdig unbewaffnet. Weder Feder noch Mikrophon, und allein dieser Fakt macht dich fast verrückt.
Ich glaube, du bist jemand, der dokumentieren muss. Du kannst wahrscheinlich gar nicht anders, als ständig Bilder und Stimmungen in deinem Kopf zu speichern. 800 000 Millionen Pixel, und im nächste Moment ist alles wieder verblasst.

Du fühlst dich, als wäre es in diesem kleinen Moment zwischen Bahnsteig und den Heroinabhänigen an der Eingangstür möglich, sich zu verlieben.
S war schon immer ein schlechter Buchstabe.
Du lehnst alles ab, allein schon aus Pietätsgründen ist es dir nicht möglich, auf so etwas einzugehen.
Kommt all dein Leid aus dem eigenen Unwillen?

Du siehst dein Leben vor dir, in Braun und Grautönen, wie in einem Film, wo Bewegungen mit Ubahnen und Zügen in Hochgeschwindigkeit gefilmt werden, um die Masse der transportierten Personen zu unterstreichen, die Geschwindkeit hervorzuheben, die letzendlich nicht wirklich schnell ist. Verlorene Zeit auf ungemütlichen Polstersitzen, die bei Feuer eine starke Rauchentwicklung zeigen. Kann überhaupt noch jemand atmen, der je brennendes Polster in den Lungen hatte?
Du liest Bücher oder schreibst Geschichten. Aber die wahren Romane spielen sich in deinem Kopf ab.

Du denkst recht wenig mit dem Muskel, der Blut durch deinen Körper pumpt. Dann eher noch mit dem Bauch oder dem Rückgrad. Ein vielstimmiges Choral im Hinterkopf, der sich ständig erweitert, über seine Grenzen hinaus wächst. Dann wieder Gespräche über Onanie. Und wieso auch nicht?

Immer wieder schreitest du durch diese Halle und bist dir nicht mal dieser Decke bewusst, bis du wieder einmal darauf gestossen wirst. Immer die gleichen Wege, altbekannt, gehetzt, mit dem Gesicht des unschuldigen Massenmörders.
Du denkst an dieses Gefühl, dass du hattest, mit dem du kurz gekämpft hast und dass du dann wieder in eine stille Ecke gedrängst hast, irgendwo zwischen Verdruss und Lustlosigkeit. Um Entäuschungen zu vermeiden.

Der dunkle, gemütliche Dezember ist vorrüber. Man hat uns in ein neues Jahr geworfen, in den kalten, hellen Januar. Aber selbst hier gibt es keinen goldschimmerenden Sonnenuntergang.

“Du Idiot”, dachte das kleine Stück Eisen, auf das er mit unglaublicher Kraft eindrosch, bis es zerbrach

Du bist noch keine 100 Meter gegangen, da denkst du dir „Was bist du nur für ein Idiot. Was bist du nur für ein dummes, hirnverbranntes Arschloch!“
Davor hatten einige Sekunden lang lächerliche Bilder und Vorstellungen in deinem Kopf gewütet. Wie ein Feuersturm, ein Buschbrand in einem trockenen Nadelholzwaldgebiet.
Und jetzt war jedes Umkehren unmöglich. Alles, was du jetzt noch getan hättest, wäre ein Versuch zur Erfüllung dieser Bilder gewesen, die unmögliche Aufgabe, diese lächerlichen Vorstellungen zu forcieren.

Küsst mich die Muse

Alles ist grau um dich herum. Du findest es kalt in deinem Zimmer, in dem du sonst immer im T-Shirt sitzt. Auch, weil das eine Art Ritual geworden ist. Die äussere Hülle abstreifen, sich vor das wenige Zentimer dicke Fenster zur Welt setzen und Botschaften nach draussen schicken. Internet ist wie Religion mit einem Gott, der antwortet. Instant Karma. On-the-Fly-Spirtualität. Du fühlst dich nicht gut und versuchst es zu verbergen. Alles, was irgendwie dazu nützt probierst du aus. Du bräuchtest wieder eine Inspiration, einen „schönen“ Text zu schreiben, etwas, das dich weiterbringt.
Einzig fehlt dir eine Muse.
oder die Andeutung einer Muse. Alleine der Schatten von ihr würde genügen, um überzuströmen, nicht nur von Hormonen, sondern auch von Ideen. Der Drang, schneller in die Tasten zu hauen als das Gehirn diktieren kann, wäre wieder da. Das Gefühl, die Gedanken 1:1 in die Datenverarbeitungsmaschine einzugeben.
Aber da ist nichts.

Oder doch?
S. meint, wir würden nicht in der Postapokalpyse leben. Der Untergang wäre im vollen Gange. Während die Astronomen behaupten, alles, was passiere, sei noch der Urknall, so behaupte ich, alles was seit dem Untergang der Welt passiert ist, gehört noch dazu. Also ist die Postapokalypse sozusagen noch Teil der Apokalypse, auch wenn das paradox scheint.