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Fetzen, (un)zusammenhängende.

Ich muss das alles aufschreiben, ehe ich es vergesse. Dies sind nur Eindrücke, die ich nicht zu einem Bild zusammensetzen kann, da die Geschichte dazu erst geschrieben wird.

Hippophae rhamnoides  cc-by-sa Jean Tosti

Ich stehe am Münchener Hauptbahnhof und rauche. Obwohl ich eigentlich gar nicht rauche, stehe ich am Rand von diesem Raucherquadrat, mit gelber Farbe auf den Boden aufgemalt und blase den Rauch heraus. In der linken Hand halte ich einen mittelgroßen Starbucks-Kaffee. Ich habe nur einen kleinen bezahlt. Der Kaffeeausgabefrau war es egal. Das viel zu süße Getränk des multinationalen Konzerns schmeckt gleich viel besser, wenn man weiß, dass man eben jenen multinationalen Konzern um ein paar Euro beschissen hat. Wohin geht meine Reise? Ich weiß nicht einmal wirklich, was ich in München tue. Was ich dort, wo ich hinfahren will, tun werde. Die ganze Unternehmung fühlt sich so hoffnungslos an, ich könnte gleich wieder nach Hause fahren.

Ich wache in einem fremden, zu kleinen Bett auf, entfernt von allen Fixpunkten. In diesem Zimmer, das die Traurigkeit eines gesamten Teenagerlebens atmet, wirkt plötzlich alles fremd, geradezu feindlich. Die Fenster sind leicht angelaufen, draußen Nebel. Einzig zu erkennen der Thuja. In seinen Wipfeln drei kleine Vögel. Ich kann nicht mehr schlafen, wahrscheinlich nie wieder.

Ich stehe auf meinem Balkon. Leichter Schnee fällt. Ich atme die kalte Winterluft ein. Vor meinem geistigen Auge sehe ich k. und Ky. gemeinsam im Bett. Im Hintergrund spielt Werner Herzog gets shot von Get Well Soon. Ich lächele. Alles ist in Ordnung.

Ich stehe in der Dusche und reibe die Sanddornseife an meinem Körper entlang. Mir wird erst während des Einseifens bewusst, dass der Geruch, der mir da in die Nase steigt, Sanddorn ist. Mein Mitbewohner trinkt morgens manchmal einen Cocktail aus Acidophilusmilch, Ahornsirup und Sanddornsaft. Es schmeckt, wie der Name klingt. Sanddorn. Wie Schleifpapier in der Kehle. Und dieser Schleifpapiergeschmack dringt in meine Nase, während ich in dieser Dusche stehe und mir nichts sehnlicher wünsche, als alles abwaschen zu können, vor allem Entfernungen.

In seltenen Momenten voller Klarheit, merkwürdig oft beim Zugfahren, denke ich, dass mir das alles egal ist, weil es Werte gibt, die wichtiger sind. Meistens ist es mir nicht egal. Meistens kribbeln irgendwelche Körperteile merkwürdig, das Nervenbündel unter meinem Magen meldet sich und ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Rein rational ist ja alles in Ordnung. Aber kribbelnde Körperteile und Nervenbündel im Bauch lassen sich mit rationalen Gedanken kaum beruhigen. Und so taumele ich täglich zwischen Alpträumen, Wahnsinn und Klarheit.

In E. fühle ich mich, als würde ich in einem Museum leben. Ausstellungsstück in meinem eigenen Zimmer. Jedes Objekt erinnert an ewig weit weg scheinende Zeiten. Ich als Archäologe der eigenen Geschichte, noch ungeschrieben. Immerhin brauche ich weder Hut noch Peitsche. Ich soll die Sachen sortieren, in Dinge, die ich aufbewahren will und Abfall. Ich bringe die Kraft dazu nicht auf. Ich schaffe es ja schon kaum, das Archiv meines eigenen Blogs zu lesen, ohne mich wahlweise über mein früheres Ich zu ärgern oder „den guten alten Zeiten“ nach zu trauern. Wie alt bin ich eigentlich? Ich muss über diese Frage kurz nachdenken. Das Internet weiß wie immer die Antwort, erschreckend genau. Zum Glück ist der Aufenthalt in E. nur temporär. Als die Flut kommt, flüchte ich.

Ich kann keinen Schlusspunkt setzen

photo cc by-sa Jean Tosti

Vorräte

Da fiel ihnen plötzlich ein, wie Frederick von Sonnenstrahlen, Farben und Wörtern gesprochen hatte. „Frederick!“ riefen sie, „was machen deine Vorräte?“
„Macht die Augen zu“ sagte Frederick und kletterte auf einen großen Stein. „Jetzt schicke ich euch die Sonnenstrahlen. Fühlt ihr schon, wie warm sie sind? Warm, schön und golden?“ Und während Frederick so von der Sonne erzählte, wurde den vier kleinen Mäusen schon viel wärmer.

sun grass cc-by davedehetre

Wir sollten niemals vergessen, wie weise Frederick die Maus war.

photo cc-by by David DeHetre. Ach, und es ist jetzt auch möglich, das ganze Blog zu flattrn. Auch als Abo. Das Haus dankt.

Winterruhe.

foto cc by glenngould

Es wird jetzt ruhiger werden die nächsten zwei bis drei Wochen. Ich fahre „nach Hause“, werde den Winter genießen und mich nur von Weihnachtskeksen und heißer Schokolade ernähren. Und da mein Computer in Wien bleiben wird, wird es wohl so sein, dass ich nicht viel online sein werde. Wer mich sehen will, und ich lade euch alle dazu ein, kann sich ja per Telefon oder Brief melden. Adresse steht ja irgendwo hier auf der Seite, die Telefonnummer im Telefonbuch.

Euch alle eine besinnliche Wintersonnenwende und einen fröhlichen Start in eine neue Runde um den Stern, den wir Sol nennen! Feiert, denkt nach und genießt das Leben!

Nicht nur Glühwein.

Na endlich. Seit ich meinen ersten Spaziergang durch Wien, genauer durch meinen eigenen Bezirk gemacht hatte, wusste ich, dass diese Stadt unglaublich/verdammt/sehr inspirierend sein kann. Und nachdem ich schon fast angefangen hatte, über einen Asiaten, der in Wirklichkeit ein Vampir oder zumindest ein Mystiker sei, zu schreiben, fing die Uni an zu brennen und ich stürzte mich erstmal in einen Monat voll Protest. (Der übrigens immer noch anhält und über den ich auch gerne mal mehr schreiben werde.) Aber endlich habe ich wieder dieses Kribbeln in den Fingern. Merkwürdig auch, wie das sich ankündigt, wie ich immer wieder öfters in Backend wechsele, nur um mir die Statistiken anzusehen, wie ich darüber nachdenke, zu schreiben, ohne es wirklich zu tun, wie ich dann unwillkürlich auf den Link zum Backende klicke, nur um jetzt darüber zu schreiben, dass ich wieder Lust habe, zu schreiben. Und so was kann man ja einfach „meta“ nennen, es kursiv setzen und anfangen.

nichtnurgluehwein

Hier im Osten wird es viel zu früh dunkel. Ich werde mich daran wohl nie so richtig gewöhnen, genauso wenig wie da hier sein soll und dort da. Aber nicht umsonst komme ich aus dem Land, das den Mörtel für den großen Turm zusammen mischte. Fast unvorstellbar, zurückzukehren. Hier ist eine gute Fliehburg, ein sicherer Hafen für das Luftschiff während des Winters.
Aber ist hier „Zuhause“? Ein Ort, der dir immer noch so fremd ist? Glaubst du überhaupt daran, dass du je ein Zuhause haben wirst? Ist es nicht eher so, dass dein Leben ein ewiges Roadmovie sein sollte? Hast du dir die Flucht vor der Apokalypse nicht auf die Fahnen geschrieben? Sesshaft werden ist für Menschen, die an die Ewigkeit glauben.
Poetische Landschaften entfalten sich vor meinem geistigen Auge, und ich weiß nicht, wie ich sie beschreiben soll, ohne sie zu zerstören. Einfache Worte können unglaublich glücklich machen, sie können aber auch der vernichtende Strahl des Todessterns sein, der Planeten in Milliarden Stücke zerspringen lässt wie billiges Porzellan. An der Bushaltestelle atme ich – wieder einmal, jene Luft ein, die nach Winter und Frost schmeckt und frage mich, wann er wohl endlich kommt und dieser Stadt einen weißen Mantel anlegt. Vielleicht habe ich ihn auf vertrieben mit Fackel und Feder?

Wärme könnten wir gerade alle gut gebrauchen. Nicht nur Glühwein.

photo cc by ethan lindsey

Not The End

Death is not the end, they say
But I, standing in a deep dark hole
I dare to ask
if maybe the end comes before death
dark and intriguing questions
asked winterlong during cold nights
No answers in these ruins build upon
ancient myths and legends
no more songs to be sung by old men
this ivory tower has collapsed to nothing more
than a well
Death is not the end, they say
I dare to think: maybe destruction is
and in the same moment
I am collecting pieces to build
a new – my own tower
where all my toughts shall be thought
where I shall write my stories
where I shall find protection
in deep winter nights

[Ich weiß, dass ich des Englischen kaum mächtig bin und meine Ausdrucksmittel in dieser Sprache begrenzt sind. Kommentare bzgl. Rechtschreibung, Grammatik und ähnlichem sind deshalb erwünscht. Was nicht heißt, dass inhaltliche Diskusion verboten ist. Im Gegenteil. Und: Na endlich, ein Gedicht.]