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Der Vorsatz

Als ich mich selbst überzeugte, es doch zu probieren.

Alte Schwarzweiß-Fotografie eines Zeppelins.

Ich erwische mich in letzter Zeit immer wieder dabei, alte Blogeinträge zu lesen. Und heute, beim Lesen der Twittertimeline, dann der Einfall: Ich könnte mir ja dieses Jahr vornehmen, jeden Tag zu bloggen. Wir alle wissen, wie das mit Neujahrsvorsätzen so ist und jeden Tag zu bloggen wäre ein Unterfangen, das eigentlich zum Scheitern verurteilt ist, denn ich habe das in der 18-jährigen Geschichte dieses Blogs noch nie gemacht. Außerdem arbeite ich jetzt in einem Beruf, der vor allem darin besteht, jeden Tag zu bloggen. Ich halte mich oft davon ab, zu bloggen, weil ich in der Zeit ja auch an einem Artikel für die woxx (seit Oktober 2017 meine Arbeitgeberin und der Grund, weswegen ich zurück nach Luxemburg gezogen bin) arbeiten könnte.

Vermutlich bringt es jedoch nichts, sich mit einem schlechten Gewissen von der kreativen Selbstentfaltung zurückzuhalten. Immerhin kann ich im Blog schreiben wie ich will, habe keinerlei Zeichenbegrenzungen. Oder um es mit meinen eigenen Worten zu sagen:

Je mehr ich in und mit Medien arbeite, bei denen es (natürlich) Einschränkungen gibt, schätze ich die grenzenlose publizistische Freiheit, die so ein Blog bietet, umso mehr. Beschließe ich morgen, einen Kochchannel auf Youtube aufzumachen, wäre das ebenso wäre das ebenso kein Problem wie ein ganzes Jahr lang nur Haikus zu veröffentlichen. Großartig!

14 Jahre bloggen: mein halbes Leben.

Ich habe nicht vor, einen Kochchannel auf Youtube aufzumachen, noch will ich hier jeden Tag Haikus veröffentlichen. Je mehr ich die Texte vom August 2015 – jenen Monat, in dem ich tatsächlich jeden Tag gebloggt habe – noch einmal gelesen habe, umso mehr schätze ich, was damals unter einem gewissen Druck passiert ist. Die Texte waren untereinander verwoben – nicht nur, die später zu meinem interactive fiction-Spiel „Ausgedachte Träume“ geworden sind, sondern auch die anderen, die eher Stimmungen einfingen. Selbst, wenn dieses Experiment kläglich scheitert, könnten immer noch ein paar Texte entstehen, deren Lektüre sich lohnt. Ich beklage täglich, zumindest innerlich, dass Plattformen wie Facebook, Twitter, Tumblr, usw. in Wirklichkeit ein walled garden sind, aus dem Inhalte kaum rauskönnen und aus denen sie vor allem jeden Moment wieder verschwinden könnten. Das Blog bleibt im Zweifelsfalls für immer.

Wieso also nicht es wagen? Ich habe August 2015 geschafft. Ich habe im November 2016 einen Roman geschrieben. Mein Beruf ist es, Texte zu schreiben, teilweise unter großem Zeitdruck. Ich weiß, dass ich jeden Tag, an dem ich nichts blogge, im Nachhinein bereue. Und wenn ich mich selbst immer mal wieder frage, ob ich noch eine eigene Stimme habe, nachdem ich so viele journalistische Texte geschrieben habe – gibt es einen besseren Ort, um die eigene Stimme zu festigen, auszuprobieren, zu dekonstruieren und wieder zusammenzusetzen als hier, in meinem virtuellen Zuhause, in der Behaglichkeit des großen Seelenzeppelins, das stets hoch über dem stürmischen Atlantik fährt und mir immer Heim und Schutzraum war? Es sprechen mehr Gründe dafür als dagegen. Scheitern kann ich später immer noch.

Ich will gar keinen großartigen Rückblick auf 2018 machen (zumindest nicht heute), aber vielleicht ein paar Notizen für jene, die hier noch mitlesen, aber mich nicht auf anderen sozialen Netzwerken verfolgen. Wie oben bereits geschrieben arbeite ich seit über einem Jahr bei der „linksalternativen“ (so nennen sie uns in der Presserevue im öffentlich-rechtlichen Radio) Wochenzeitung woxx, all meine Artikel finden sich unter diesem Link. Wenn ihr in Luxemburg lebt, kann ich euch ein Abo nur wärmstens empfehlen, ansonsten dürft ihr online gerne gratis mitlesen und vielleicht mal was in den Klingelbeutel werfen.

Ein anderes Herzensprojekt, das im Dezember 2018 gestartet ist, ist ein neuer Podcast namens „irgendwas mit meta“, den ich gemeinsam mit Katja mache. Wir reden einmal die Woche über Popkultur, bereden eine Folge BoJack Horseman und rezensieren einen Käse. Das klingt vielleicht etwas random, ist es auch, macht aber Spaß beim Zuhören. Ihr könnt uns auf soundcloud, spotify, Apple Podcasts oder halt auch irgendwasmit.pizza folgen. Wer dem Podcast helfen will, tut dies auf allen Plattformen und schreibt bestenfalls auch noch Rezensionen oder vergibt Sternchen und so.

Was mir 2018 auf langen Reisen geholfen hat, war Podcasts zu hören. Mein Lieblingspodcast war Big Gay Nerds. Wenn ihr auch nur im entferntesten etwas mit LGBTIQA, Pen and Paper-Rollenspielen oder Podcasts anfangen könnt: Hört mal rein! Sehr liebe Menschen, die ein sehr cooles Format aufgezogen haben und mich auf so mancher langen Reise unterhalten haben. Viel Zeit habe ich auch mit den Youtube-Formaten Shield of Tomorrow („Actual Play“ eines Star Trek-RPGs) und Shadowrun: Corporate SINs (ähnlich, nur mit Shadowrun) verbracht.

Jahreswechsel sind arbiträr und bedeuten eigentlich sehr wenig, aber das sollte uns nicht daran hindern, diese Tage selbst mit Sinn zu erfüllen. In diesem Sinn wünsche ich euch allen ein schönes neues Jahr und alle Kraft, eure Ziele (und die können durchaus auch sein, bis zum nächsten Tag zu überleben) zu erreichen.